Tierisch, was die alles leisten
Vom Empfangstresen zum Warteraum oder vom Sprechstundenzimmer zum OP-Tisch sind die Wege in der Tierarztpraxis Dr. Schüler nicht weit. Und doch legen Stefanie Honsel und Amelie Schüler größere Distanzen an ihrem Arbeitsplatz zurück. Erkrankte Patienten wie Hund, Katze oder Frettchen aufnehmen, deren besorgten Besitzern Trost spenden, bei Behandlung und Operation assistieren und zwischendurch Telefonanrufe entgegennehmen, Röntgenaufnahmen erstellen und Blutbilder machen – Stillstand gibt’s in der Ausbildung eigentlich nie. „Für unseren Beruf“, betont Stefanie Honsel, „müssen wir sehr viel können.“
Sie und ihre Kollegin Amelie Schüler machen eine Ausbildung zur Tiermedizinischen Fachangestellten – kurz: TFA. In der Tierarztpraxis an der Friedrich-Ebert-Straße unterstützen sie bei der Untersuchung, Behandlung und Betreuung von Tieren und stellen dabei ihr Organisationstalent unter Beweis. An der Anmeldung empfangen die beiden die Patienten und Tierhalter, verschaffen sich mit Blick in die digitalen Patientenakten eine Übersicht über den Gesundheitszustand und sorgen durch gutes Management für reibungslose Praxisabläufe. „Schon unsere Aufgaben am Empfang zeigen, wie vielseitig der Beruf ist“, sagt Stefanie Honsel.
Zumal hier am Tresen direkt an der Eingangstür zur Praxis nicht nur die „tierischen Patienten“ betreut werden müssen. „Viele denken, dass es in unserem Beruf allein um die Tiere geht“, sagt Amelie Schüler, „dabei hat der Umgang mit den Besitzern einen ähnlich hohen Stellenwert.“ Mehr und mehr werden Hund oder Katze zum besten Freund des Menschen – mit der Folge, dass auch die Besorgnis um das Wohlergehen der Tiere immer größer wird. „Mit diesen Sorgen richtig umzugehen, muss man lernen“, unterstreicht Stefanie Honsel.
An diesem Vormittag stehen von 8 bis 10 Uhr Operationen auf dem Programm. Die Auszubildenden leisten Hilfe bei der Kastration zweier Katzen und eines Hasen. Sie machen den OP-Tisch fertig, legen medizinische Utensilien wie Skalpell oder Nahtmaterial bereit und bereiten die Narkose vor. Während der Operation halten sie Klemmen, tupfen Blut und dokumentieren Diagnosen.
Wenn alles geschafft ist, wird der Raum gesäubert, das Aufwachen des Tiers überwacht und der Besitzer informiert, dass alles in Ordnung ist. Gleich ist der Husky an der Reihe, der heute Morgen als Notfall in die Sprechstunde gekommen ist. „Wir haben den Hund geröntgt, weil er einen Stein gefressen hat“, erzählt Amelie Schüler, „deswegen muss er kurzfristig operiert werden.“
Dass neben Hunden und Katzen auch Schildkröten, Wellensittiche oder Meerschweinchen in die Praxis kommen, stellt besondere Anforderungen. „Für jede einzelne Tierart brauchen wir spezielles Wissen“, sagt Stefanie Honsel. Wichtiges Fundament der Ausbildung ist der Unterricht an der Braunschweiger Helene-Engelbrecht-Schule. Hier erhalten die Auszubildenden ihr theoretisches Rüstzeug, zum Beispiel zur Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Haut sowie der Sinnesorgane, des Harn- und Verdauungstrakts oder des Bewegungsapparats.
Im Behandlungszimmer kommt dieses Wissen den Tiermedizinischen Fachangestellten sehr zugute. Bei allgemeinen Untersuchungen stehen die beiden der Tierärztin zur Seite. „Die eine hält das Tier, die andere schreibt mit“ – so lautet die klassische Rollenverteilung. Stefanie Honsel gefällt besonders gut, „dass unsere Chefin uns so viel machen lässt. In unserer Praxis ist es so: Jeder sollte alles können.“ Für die 42-Jährige ist es selbstverständlich, dass die Öffnungszeiten der Praxis nicht in Stein gemeißelt sind. „Es geht um das Wohl des Tieres – und da wollen wir helfen. Deswegen dauert der Arbeitstag auch manchmal länger.“
‚Zu Hause habe ich einen Hund und eine Katze, und überhaupt liebe ich Tiere über alles’ – wer in seinem Bewerbungsanschreiben eine derartige Formulierung platziert, verbucht eher keine Pluspunkte. „Viele haben Vorstellungen von dem Beruf, die nichts mit der Realität zu tun haben“, lautet die Erfahrung von Dr. Susanne Schüler. Große Emotionen könnten schnell zur Belastung werden. „In der Praxis erleben wir viele schöne Momente, aber es gibt auch weniger schöne.“ Wenn Tiere sterben und deren Besitzer in Tränen ausbrechen, „dann muss man das aushalten können. Viele machen sich darüber keine Gedanken und hören schon kurz nach Ausbildungsbeginn wieder auf.“ Nicht die Liebe zu Tieren sollte Impulsgeber für die Berufswahl sein, sondern die Fürsorge. „Es geht darum, alles zu tun, um den Tieren zu helfen“, sagt Susanne Schüler.
Dazu zählt auch die Pflicht, den Besitzern ins Gewissen zu reden, sollten sie ihre Tiere nicht artgerecht behandeln. „Leider gibt es auch Fälle, in denen das Tier leidet, weil der Tierhalter zu spät in die Praxis gekommen ist“, erzählt Amelie Schüler. Während der Pandemie hätten sich viele einen tierischen Freund zugelegt, um mehr Gesellschaft zu haben – doch nicht jeder wisse mit dem neuen Mitbewohner richtig umzugehen. „Ein Tier struppig oder abgemagert zu sehen, das tut wirklich weh. Auch damit muss man umgehen können“, so Stefanie Honsel.
Gut, dass die Zahl derjenigen, die sich vorbildlich um ihre Tiere kümmern, sehr viel größer ist – und für diese da sein zu dürfen, macht den Reiz der Ausbildung aus. „Wir tragen dazu bei, dass es Tieren nach ihrer Krankheit wieder besser geht und die Besitzer glücklich sind“, betont Amelie Schüler, „diese Dankbarkeit zu spüren, ist einfach schön.“
Stefan Boysen
Von Beruf: Tiermedizinische Fachangestellte
Tätigkeiten:
In ihrer Ausbildung erfüllen Tiermedizinische Fachangestellte (TFA) viele verschiedene Aufgaben. Dazu gehören der Kundenkontakt am Empfang sowie die Assistenz bei Untersuchungen und chirurgischen Eingriffen im Behandlungs- und Operationsraum. TFA nehmen Tieren Blut ab und machen Röntgenbilder, setzen Hygienevorschriften in die Tat um und dokumentieren Diagnosen, verwalten die Praxis und schreiben Rechnungen. Die Theorie wird in der Helene-Engelbrecht-Schule in Braunschweig vermittelt.
Voraussetzungen:
Die meisten Auszubildenden haben mindestens einen mittleren Schulabschluss. Von Vorteil sind gute Zeugnisnoten in Biologie, Mathe und Deutsch.
Ausbildungsdauer:
In der Regel drei Jahre im dualen System. Wer die Voraussetzungen erfüllt, kann die Ausbildungszeit auf zwei Jahre verkürzen.
Kontakt:
Tierarztpraxis Dr. Schüler | Friedrich-Ebert-Straße 65 | 38440 Wolfsburg | Tel. 05361 12233 | E‑Mail info@tierarztpraxis-schueler.de
Ein Freund ist Tierarzt. Er hat auch einen Fachangestellten. Dieser soll anscheinend eine große Hilfe bei OPs sein.
Ich habe mir selbst mal überlegt eine Ausbildung zur Tiermedizinische Fachangestellte zu machen. Am liebsten würde ich dabei bei einem Tierarzt für Katzen arbeiten. Vielleicht werde ich das auch noch machen.
Ich mache auch gerade eine Ausbildung zur tiermedizinischen Fachangestellten. Besonders interessant finde ich die Assistenz bei Untersuchungen und chirurgischen Eingriffen. Allerdings kümmere ich mich auch um viele andere Dinge, da wir zum Beispiel die Praxiseinrichtung gerade umgestalten.
Coole Einblicke. Ich möchte diese Ausbildung auch gerne machen, weil wir bei uns Zuhause immer Haustiere gehabt haben und ich weiß, wie wichtig der persönliche Bezug zu diesen ist. Außerdem haben meine Eltern vor ein paar Jahren einen Straßenhund aufgenommen, der leider viele gesundheitliche Probleme hat. Noch ein weiterer Grund für mich, mich bei einer Praxis zu bewerben. Der örtliche Tierarzt kann mir eventuell Tipps geben.