Behindertenbeirat e. V.

Behin­der­ten­beirat Wolfsburg e. V.

Teil 3 des Topthemas “Zusammen sind wir Wolfsburg”

Engage­ment mit Weitblick

Hohe Stufen und schmale Türrahmen, schwache Beleuch­tung und Schilder mit viel zu kleiner Schrift: Nicht die fehlende Kraft in den Beinen oder der Schwund der Sehkraft schränken Menschen mit Behin­de­rung ein, sondern die vielen Barrieren, die sich ihnen in den Weg stellen. Ziel des Behin­der­ten­bei­rats Wolfsburg e. V. ist es, Benach­tei­li­gungen zu besei­tigen und alle Menschen gleich­be­rech­tigt am gesell­schaft­li­chen Leben teilhaben zu lassen. Wartet viel Arbeit auf den Verein? Und wie, sagt die Vorsit­zende Janine Ehrlich: „Es gibt so viele Themen, die bei uns auf dem Tisch liegen.“

Janine Ehrlich und ihr Team vertreten die Inter­essen der Menschen mit Behin­de­rung, die in Wolfsburg leben. Um gehört zu werden, sind sie dort vertreten, wo wichtige Entschei­dungen über die Entwick­lung der Stadt vorbe­reitet werden: in den Fachaus­schüssen, die Vorlagen disku­tieren, sie verbes­sern und Beschluss­emp­feh­lungen geben. Eine neue Ampel wird aufge­stellt? Eine Bushal­te­stelle ist in Planung? Ein aktua­li­sierter Stadtplan wird heraus­ge­geben? Akusti­sche Signale, barrie­re­freier Zugang und Braille­schrift machen es möglich, dass mehr Menschen davon profi­tieren. „Uns von Anfang an in solche Projekte einzu­binden, sorgt dafür, dass unsere Stadt so barrie­re­frei wie möglich wird“, sagt die 44-Jährige, die bei Volks­wagen arbeitet und im Werk Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­terin ist.

Yannik Spyra, stell­ver­tre­tender Vorsit­zender des Behin­der­ten­bei­rats, sitzt im Rollstuhl. Lernt er jemanden kennen, hört er oft die Frage, wie es dazu gekommen sei. „Ich habe kein Problem damit, darüber zu sprechen“, sagt er. Doch wäre es ihm am liebsten, wenn Behin­de­rungen keine Rolle mehr spielen – weder im Straßen­ver­kehr, auf Reisen oder Wohnungs­suche noch in Unter­hal­tungen. „Meine Vision ist es, dass Menschen mit und ohne Behin­de­rung in allen Bereichen gleich­ge­stellt sind“, sagt der Informatiker.

Nicht nur für die Stadt­ver­wal­tung ist der Behin­der­ten­beirat wichtiger Ansprech­partner, sondern auch für die Wolfs­bur­ge­rinnen und Wolfs­burger, die seine Unter­stüt­zung benötigen. Es gibt viele Menschen, die sich darin einge­schränkt sehen, ein selbst­be­stimmtes und selbst­stän­diges Leben zu führen – der ehren­amt­lich arbei­tende Verein kann ihnen dabei zur Seite stehen. Yannik Spyra erzählt von einem älteren Ehepaar, das in seiner Wohnung ohne Umbauten nicht hätte bleiben können. „Zusammen mit dem Eigen­tümer haben wir uns an den Tisch gesetzt und eine gute Lösung für alle Betei­ligten gefunden.“

Zu den Aufgaben des Behin­der­ten­bei­rats zählt es, die Gesell­schaft insgesamt für die Idee der Inklusion zu sensi­bi­li­sieren und ihr ein Gespür für das Alltags­er­leben von Menschen mit Behin­de­rung zu geben. So eröffnet der Verein jedem die Möglich­keit, beispiels­weise einen sogenannten Tremor-Handschuh überzu­ziehen und nachzu­voll­ziehen, wie zitternde Hände das Greif­ver­mögen beein­träch­tigen. Und wer im Rollstuhl die Steigung am Hügel oder die Kante am Bürger­steig überwinden möchte, der kann auch diesen Perspek­tiv­wechsel in die Tat umsetzen.

Aus eigener Initia­tive wendet sich der Behin­der­ten­beirat an Unter­nehmen, die die Entwick­lung und das Gesicht der Stadt prägen, darunter auch die Immobi­li­en­ge­sell­schaften. Um die Inter­essen von Menschen mit den unter­schied­lichsten Beein­träch­ti­gungen zu berück­sich­tigen, seien ebendiese die besten Experten. „Auf den Bau neuen Wohnraums sollte man mit sehr viel Weitblick schauen“, betont Yannik Spyra. Das Engage­ment komme allen Menschen zugute. „Ein Leben mit Beein­träch­ti­gung ist keine Frage von Alter oder Status.“ Wenn das Schicksal zuschlage, „dann kann es ruckzuck ganz schnell gehen und jeden treffen“.

Am schönsten wäre es, betont Janine Ehrlich, wenn sich der Behin­der­ten­beirat in abseh­barer Zeit selbst abschaffen würde – weil er erfolg­reich ist und nach und nach keine Barrieren mehr übrig­bleiben. „Je weniger Arbeit wir haben, desto besser ist es. Mein Traum ist es, dass die Menschen uns irgend­wann gar nicht mehr brauchen.“

Stefan Boysen

Hier geht es zum Teil 4 des Topthemas “Ergän­zende unabhän­gige Teilha­be­be­ra­tung (EUTB)”:

DEIN WOLFSBURG, Ausgabe 15, Sommer 2022

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