Einfach Zielsicher
Bogenschießen erfreut sich wachsender Beliebtheit, auch aufgrund von Filmen wie „Die Tribute von Panem“ und Erfolgen deutscher Olympioniken. Der Wolfsburger Bogensport-Club hat ein großes Trainingsgelände bei Kreuzheide und will noch mehr Menschen für den überraschend komplexen Sport begeistern.
Was Bogenschießen ist, weiß wohl jeder. Weniger bekannt sein dürfte, dass das Schießen gar nicht so simpel ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Der Sport ist komplex und facettenhaft, „er ist eine Wissenschaft für sich“, bestätigt die 19-jährige Rebecca Kroder vom Wolfsburger Bogensport-Club (WBC). Dass das so ist, lässt sich an ihrem Sportgerät erahnen: Das ist ein Compoundbogen und unterscheidet sich klar von dem, was man aus Filmen wie “Robin Hood” kennt. Neben den Bögen gibt es auch unterschiedlich beschaffene Pfeile. Manche werden auf einem Feld oder im Wald abgeschossen, andere in einer Sporthalle. Alle Arten des Bogenschießens haben aber eines gemeinsam: Die Menschen, die den Sport ausüben, sind fasziniert! Rebecca Kroder, die schon Deutsche U‑17-Vizemeisterin war, beschreibt den Reiz des Bogenschießens so: „Wenn ich den Pfeil abschieße, kann ich ihn fliegen sehen, wie er einen Bogen macht und dann dort einschlägt, wohin ich gezielt habe. Das hat etwas Magisches.“ Ihr Vater Axel ergänzt, dass die motorische Anforderung durchaus anspruchsvoll sei. „Das Ziel ist, einen Bewegungsablauf immer gleich zu machen. Das gelingt nur mit guter Wahrnehmung und Beherrschung des eigenen Körpers.“
Ein guter Schütze zu werden, ist nicht einfach. Grundsätzlich kann jeder mit dem Sport anfangen, aber man muss fleißig sein: „300 Pfeile pro Woche sollte man schon schießen“, sagt WBC-Trainer Maik Kazmierczak. Und schickt hinterher, dass man für einhundert Pfeile circa zwei Stunden benötigt. Die meisten der rund 150 Mitglieder des WBC betreiben das Bogenschießen nach Aussage des Vorsitzenden Sven Feiks nicht mit großem sportlichen Ehrgeiz, sondern als reines Hobby. Oft zur Entspannung – da ohne Ruhe und Konzentration nichts geht, hat Bogenschießen ein meditatives Element. Der Sport wird daher in Reha-Kliniken zum Beispiel bei Burn-out oder bei verhaltensauffälligen Kindern als therapeutisches Mittel genutzt. Dazu passt, dass viele Krankenkassen Bogenschießen als Gesundheitssport anerkennen. Wohl auch, weil es gegen ein Volksleiden hilft: Rückenschmerzen. Kazmierczak berichtet, dass er von Rückenschmerzen geplagt wurde, bevor er mit dem Bogensport anfing. „Die waren dann schnell weg.“
Bogenschießen hat also viel zu bieten. Der WBC-Vorsitzende Feiks hofft, mehr Wolfsburger davon überzeugen zu können. Dafür hat der WBC werbewirksame Angebote: Kindergeburtstage und Firmenevents sind ebenso möglich wie Projekttage mit Schulklassen. Feiks ruft zudem Interessierte auf, zum Trainingsgelände im Kreuzheider Wald zu kommen, auf das er hörbar stolz ist.
1972 eingeweiht, wurde die Anlage immer weiter aufgehübscht, unter anderem mit einem Vereinsheim, überdachten Schießständen oder einem Parcours mit Tierattrappen als Ziele. „Es gibt immer etwas zu tun“, so Feiks. Daher sollen WBC-Mitglieder 20 Arbeitsstunden pro Jahr ableisten. Sonst werden pro nicht geleistete Stunde zehn Euro berechnet, bei Studenten, Azubis und Schülern fünf Euro. Generell kostet das Bogenschießen beim WBC aber nicht viel: Die Monatsbeiträge liegen bei zehn Euro für Erwachsene und fünf Euro für Studenten, Schüler, Azubis sowie Kinder bis 18 Jahre. Ehepaare zahlen 13 Euro, Familien 15 Euro. Und eine Ausrüstung kann man sich leihen. Kurzum: Es gibt eigentlich keine Gründe, die dagegensprechen, es selbst auszuprobieren – aber viele dafür.
Tobias Kuske
Die verschiedenen Bögen
Es gibt im Wesentlichen drei Arten: Der olympische Recurvebogen, der Visier und Stabilisationshilfsmittel haben darf. Zu erkennen ist er an der zurückgebogenen Form der beiden Bogenenden (Wurfarme), die im entspannten Zustand vom Schützen wegweisen. Dann gibt es die Blank- und Instinktivbögen, ganz ohne Hilfsmittel zur Visierung, Entfernungsschätzung oder Stabilisierung. Und drittens der Compoundbogen, der in aller Regel mit einer mechanischen Lösehilfe oder „Release“ geschossen wird, um Ablassfehler zu reduzieren. Zusätzlich werden Wasserwaagen und Vergrößerungen im Visier benutzt. Diese Hilfen und ein geringeres Haltegewicht machen diesen Bogen sehr präzise. Charakteristisch sind die drehbaren Räder an den beiden Bogenenden, die Camwheels oder Cams genannt werden. Dank ihres flaschenzugähnlichen Mechanismus erleichtern sie es dem Schützen, eine große Spannenergie zu erreichen.
DEIN WOLFSBURG, 2019