Bin ich jetzt im Fernsehen? Ja – und das ist sogar ganz einfach: Bei dem Bürgerfernsehkanal TV38 wird jeder dazu motiviert, eigene Beiträge für das Programm zu erstellen. Dafür meldet man sich bei der Redaktion, die mit Technik und Tipps zur Seite steht. Und das seit nunmehr 25 Jahren: Am 10. Juli 1996 startete der Sender als Offener Kanal Fernsehen (OKTV).
Derzeit machen sich die Verantwortlichen mit Hochdruck daran, den Sender zukunftsfähig zu machen, wie Fred Bärbock berichtet, Vorsitzender des Trägervereins. Dazu zählt etwa in der Filmarbeit, dass man Programmbeiträge auch mit dem Smartphone erstellen kann – damit vor allem der Nachwuchs noch einfacher ins Fernsehen kommt.
„Bei TV38 wird keiner aufgehalten, sich filmisch auszutoben“, betont Bärbock. Wer Ideen hat, meldet sich einfach bei der Redaktion, telefonisch, per E‑Mail oder direkt in deren Räumen unter dem Dach des Freizeit- und Bildungszentrums in Westhagen. Themenvielfalt ist gefragt: Talkrunden, Nachrichtenbeiträge aus der Region, Lesungen, Dokus oder Kurzfilme, alles ist möglich. Bei Bedarf stellt der Sender unentgeltlich Technik und Anleitung zur Verfügung, digitale Kameras, Energie, Licht oder gar das Studio in der Sendezentrale.
Ist alles im Kasten, steht das Schneiden an. „Fernsehen ist Aufwand, den man mögen muss“, weiß Bärbock. Idealerweise erfolge der Schnitt zu Hause am PC, ist aber auch im Studio möglich. Sobald der Film fertiggestellt ist, vergibt der Sender den Programmplatz. Zwölf Stunden Sendezeit stehen täglich im Kabelnetz zur Verfügung; darin laufen neues und Archivmaterial sowie Beiträge anderer Bürgerfernsehsender aus dem Bundesgebiet. Also ausreichende Sendezeit für Filme von engagierten Bürgern.
Das Kabelnetz indes ist limitiert: Zwar erreicht TV38 rund 240.000 Haushalte in Südostniedersachsen, aber „mehr ist im vorgegebenen Rahmen der Landesmedienanstalt derzeit nicht möglich“, bedauert Bärbock. Da sind neue Verbreitungswege gefragt, deshalb gibt es TV38 nun auch im Stream, auf YouTube, bei Facebook, Twitter und Instagram. Wichtige Schritte in Richtung Zukunft, denen weitere folgen sollen, etwa „professionelles Filmen mit dem Smartphone“, wie Bärbock anführt: „Das ist schnell, authentisch und wunderbar möglich – mit dem Smartphone filmen kann jeder.“ Und es spreche besonders Jugendliche an. Jüngster Beleg dafür war der erstmals vom Sender initiierte Wettbewerb #egalnichtegal, bei dem junge Wolfsburger ihre Filme zu persönlichen Situationen im Corona-Lockdown einreichten. TV38 zeigte die besten Arbeiten nebst Preisverleihung.
Überhaupt, die Jugend: Um dem demografischen Wandel bei Ehrenamtlichen und im Programm entgegenzuwirken, richtet TV38 seinen Fokus auf die Bedürfnisse des Nachwuchses. „Wer den Ehrgeiz hat, seine Beiträge nicht nur in Social Media zu verbreiten, kommt zu uns“, beobachtet Bärbock die jungen Leuten. Die Einrichtung einer Redaktion für die Jugendsendung Area38 war eine erste Folge, für die sich Bärbock „mehr Regelmäßigkeit“ wünscht. Auszubildende und Praktikanten bei TV38 sieht er als „gute Basis“ dafür und fasst zudem ins Auge, Schul-AGs in Wolfsburg und Umgebung einzubeziehen, etwa „im eigenen Hause vom Albert-Schweitzer-Gymnasium“. Zudem werde vom Ehrenamtszentrum am TV38-Standort Salzgitter dahingehend „viel geleistet“. TV38 müsse „entschieden mehr junge Leute ansprechen, noch weiblicher und diverser werden“, so Bärbock.
Wer den Ehrgeiz hat, seine Beiträge nicht nur in Social Media zu verbreiten kommt zu uns.
Fred Bärbock
Alles im Zeichen der Zukunftssicherung, denn in bestimmten Intervallen muss TV38 bei der Niedersächsischen Landesmedienanstalt mit Sitz in Hannover die Lizenzverlängerung beantragen. Neben dem 25-jährigen Bestehen ist dies in diesem Jahr der zweite Grund zu feiern: Die Verlängerung bis September 2024 ist gesichert. Das Team fokussierte sich dafür auf drei Schwerpunkte: mehr Programm, mehr öffentliche Präsenz und mehr Gelder, die der Sender zusätzlich zur Landesförderung selbst aufbringt.
Da das Team schon vor dem Kassensturz einige kritische Punkte feststellte, leitete der Sender vor drei Jahren eine Neuausrichtung ein. So erfuhr er eine neue Struktur: Das Studio in Braunschweig wurde geschlossen, den Bereich decken die Standorte Wolfsburg und Salzgitter mit ab. Geblieben ist ein Projekt in Wolfenbüttel, mit dem TV38 eine Seniorenredaktion begleitet. In Wolfsburg, von Beginn an die Zentrale, sind nun erstmals das hauptamtliche Team und die Redaktionsleitung unter einem Dach vereint. Immerhin „seit Jahren stabil“ ist zu seiner Freude die Trägervereins-Mitgliederzahl von gut 50, der Vorstand erfuhr eine Verstärkung auf fünf Mitglieder. Alles mit dem Ziel, „bestes Bürgerfernsehen in Niedersachsen zu werden“, so Bärbock, denn es gibt im Land zwei weitere, in Hannover und Oldenburg, beide jünger als TV38.
Um dieses Ziel zu erreichen, hat TV38 noch weitere Asse im Ärmel: die Zusammenarbeit mit den Kommunen im Sendegebiet, so mit der Stadt Wolfsburg, die die Räume zur Verfügung stellt, mit Einrichtungen, Organisationen und Vereinen aus Kultur, Sport, Politik, Bildung, Wirtschaft und sozialem Bereich, die allesamt große Teile des Programms ausmachen. Auch tauscht sich TV38 intensiver mit Landes- und Bundesverband für Bürgermedien aus und produziert in diesem Zuge Audio- und Video-Podcasts und Talkformate, etwa mit Radio Okerwelle in Braunschweig oder Radio Tonkuhle in Hildesheim. In Summe nutzen so rund 200 Aktive den Sender.
Zu den Ehrenamtlichen gehört Bärbock von Anfang an als Mitglied des gemeinnützigen Trägervereins. Der Diplom-Journalist bringt als früherer Zeitungsredakteur und langjähriger VW-Kommunikationsmanager viel Erfahrung mit, die er bei TV38 unter anderem als Moderator und Produzent einbrachte. Seit 2013 ist er Vereinsvorsitzender und hilft seit Mai zudem ehrenamtlich als kommissarischer Geschäftsführer aus, bis dieses Amt wieder regulär besetzt ist. Bei Bedarf moderiert er das Wochenmagazin „Kompakt“ und ist ansonsten so sehr mit administrativen Aufgaben befasst, dass ihm die Zeit für eine eigene Sendung fehlt. „Ich habe X Ideen“, sagt Bärbock, und er möchte die auch umsetzen – sobald sich dafür Freiraum ergibt. „Bürgerfernsehen ist für unsere Gesellschaft ungemein wichtig, fördert Kommunikation in der Region, Meinungsvielfalt und Demokratie“, schließt er. „Hier kann jede und jeder mitmachen.“
Matthias Bosenick
Kontakt
TV38, Halberstädter Straße 30, 38444 Wolfsburg
www.tv38.de
Titelfoto: ©WMG Foto: JSG
Bürgerrundfunk
„Niedersachsen beheimatet 14 gemeinnützige und nichtkommerzielle Veranstalter von Bürgerrundfunk. Es gibt neun Bürgerradios, die auf UKW-Frequenzen senden, und zwei Bürgerfernsehveranstalter, die ihre Programme via Breitbandkabel verbreiten. Drei Bürgersender bieten sowohl ein Hörfunk- als auch ein TV-Programm an. Alle nutzen zudem das Internet zur Verbreitung ihrer werbefreien und in weiten Teilen von den Bürger*innen selbst gestalteten Programme.“
Quelle https://www.nlm.de/die-nlm/aufgaben/buergerrundfunk