Eine Hand bedient einen Drehregler an einem Funk Gerät

Da springen die Funken über

Mit den Astronauten*innen auf der Inter­na­tio­nalen Raumsta­tion sprechen? Das geht, aber auch heute noch ausschließ­lich per Funk, nicht per Skype oder Whatsapp. Dabei funktio­niert Amateur­funk fast wie Whatsapp-Sprach­nach­richten: Man hört einen Funkspruch und kann erst danach selbst einen senden. Und das rund um den Globus und bis hinauf ins All. Auch von Wolfsburg aus, und den Standort für die im Verein organi­sierten Funkamateure*innen bietet der Fallers­leber Wasser­turm. Dort treffen sich die Funker*innen freitags ab 17 Uhr – und sind offen für alle Neugierigen.

Der Turm, 20 Meter hoch und denkmal­ge­schützt, überragt Freibad, Tennis­plätze, Felder und Wohnhäuser. In ihm befindet sich allerlei Funktechnik, von selbst­ge­bauten Röhren­ge­räten und Telegrafie über Handap­pa­rate, Satel­liten- und TV-Funk bis hin zu modernster Software. Und diese Technik bereitet den Funkamateuren*innen Spaß, wenn sie den Mond als Reflektor für Funkwellen nutzen, in Sonder­ak­tionen mit Alexander Gerst auf der ISS sprechen, per Fernseh­funk mit dem Brocken kommu­ni­zieren, den Katastro­phen­schutz in Wolfsburg unter­stützen – oder wenn sie diese Technik einfach mal im doppelten Sinne abschalten und am Fuße des Turmes Grill­feste feiern.

Was macht das Funken aus?

Die Funkamateure*innen schwärmen von ihrem Hobby: „Es ist wie eine Sucht“, sagt Jürgen Koch, Presse­re­fe­rent des Wolfs­burger Ortsver­bands des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (DARC). Er hat FT8 für sich entdeckt, eine „Weltraum­technik“ für den Laptop, die das Rauschen aus schwachen Funksi­gnalen heraus­fil­tert. Am anderen Ende der Entwick­lung fühlt sich Ortsver­bands­vor­sit­zender Dr. Hans Eichel wohl: Er ist einer der wenigen im Verein, die morsen können. „Telegrafie ist eine tolle Kultur­technik“, so Dr. Eichel. Die einfachen Geräte mit den Röhren, mit denen man schon Sprache übertragen kann, beein­dru­cken auch die jungen Neueinsteiger*innen, die Jugend­re­fe­rent Uwe Stöck alle zwei Wochen donners­tags ab 16 Uhr im Turm empfängt.

Die Themen, über die sich Amateurfunker*innen austau­schen, sind vorrangig techni­scher Art: Funkge­räte, Ausbrei­tungs­be­din­gungen, Signal­stärke. Die gebräuch­liche Sprache ist Englisch, verbunden mit Abkür­zungen: VY73 etwa heißt „Viele Grüße“, QTH ist die Frage nach dem Standort, QSL ist eine Empfangs­be­stä­ti­gung. Letztere erfolgt auf Nachfrage auch auf dem Postwege: Die Amateur­funk­welt ist in 340 Regionen aufge­teilt, und weil nicht alle bewohnt sind, organi­sieren abenteu­er­lus­tige Funker*innen Expedi­tionen dorthin, nach Zentral­afrika oder auf abgele­gene Pazifik­in­seln, mit Technik im Gepäck und weltweit lauernden Amateuren*innen, die die begehrten QSL-Karten von dort erringen wollen. „Ich habe schon 320 erreicht“, berichtet Dr. Eichel.

Das Funken ist in allen Gesell­schafts­schichten zu finden

Beim Funken kann es sogar dazu kommen, dass man Promi­nente an der Strippe hat: Der verstor­bene König Hussein von Jordanien war und Spaniens früherer König Juan Carlos  ist aktiver Funkama­teur. Um in Deutsch­land ein*e solche*r werden zu können, muss man eine Prüfung ablegen und sich von der Bundes­netz­agentur regis­trieren lassen. Die teilt auch die persön­li­chen Rufzei­chen zu. Das von Dr. Eichel lautet DK1WB, Kochs DO1JKO, Stöcks DD8UST.

Weil das Funken nicht nur an den Turm gebunden, sondern überall möglich ist, veran­stalten die Wolfsburger*innen regel­mäßig Aktionen wie den Peilsport, bei dem man im Gelände versteckte Sender aufspüren muss und für den sogar Weltmeis­ter­schaften statt­finden. Außerdem werden Field Days veran­staltet, an denen es im freien Feld und unabhängig vom Stromnetz so viele Länder wie möglich zu erreichen gilt. Zwar sehen sich die Funkamateure*innen zusehends der Konkur­renz des Smart­phones ausge­setzt, trotz Funk-Apps für das sogenannte Echolink-Netz, aber sie betonen nur die Vorteile ihrer Technik: „Auch wenn das Handy nicht funktio­niert, kann ich funken“, so Koch. Für alle Neugie­rigen hat Dr. Eichel einen pragma­ti­schen Tipp: „Erstmal herkommen.“ Alles Weitere ergibt sich dann. QRT: Verbin­dung beendet.

Matthias Bosenick

DARC Ortsver­band Wolfsburg (H24)
Herzogin-Clara-Straße 33b
38442 Wolfsburg
www.darc-h24.de

Kurse für die Amateur­funk-Lizenz bietet die VHS an

Fotos: © WMG, Thomas Koschel
Kommentare 1
  1. Ja, kaum jemand ausser­halb der Amateu­runker-Gemeinde ist nur sehr wenigen Menschen bewuszt dasz unser geliebtes Handy, das Fernsehen, Radio, das WLAN des Internets – tlws. das Internet selbst, alles geht ueber (Richt-)Funk. Und wenn da mal der Strom weg ist, dann funktio­niert nichts mehr von all dem geliebten Spielzeug. Wer ist schon inder Lage bspw. mit einer stark buendelnden Richt­an­tenne ggf. einen weiter entfernten Handy-Mast zu nutzen oder seine TV-Antenne auf einen weiter entfernten terres­tri­schen Sender auszu­richten. Und vor allem: wer hat sich in “Friedens­zeiten” darum gekuem­mert wie er sein Radio und TV Geraet bei Strom­aus­fall weiter betreibt ? – Selbst das Festnetz­te­lefon funktio­niert noch in den seltensten Faellen bei Strom­aus­fall. Wie wendet man sich im Notfall an FW und Polizei ? – Viele Amateur­funker legen ihre Station so aus dasz sie auch bei laengrem Strom­aus­fall “irgendwie” noch Kontakte herstellen und notalls auch Hilfs­dienste und Polizei benach­rich­tigen (lassen) koennen. Selbst email via guter alter Kurzwelle laesst sich noch betreiben (wenn man dafuer gesorgt hat dasz auch der Laptop/Computer noch mit Strom versorgt werden konnen.) – Und wenn all das Compu­ter­spiel­zeug auch nicht mehr geht: die gute alte Morse­taste (oder auch nur 2 Draehte) und das einfachste Funkge­raet genuegen um dennoch mit dem Rest der Welt (der noch Strom hat) in Kontakt zu kommen oder zu bleiben. Inzwi­schen gin es sogar einen geosta­tio­naeren Satel­liten. Um den im Notfall noch zu ererichen ist der Auffand zwar etwas hoeher, aber wenn das Equipment erst einmal funktio­niert, dann geht die SAT-Verbin­dung genauso zuver­laessig wie wir nun seit Jahrzehnten taeglich zur gewohnten Zeit die Tages­schau sehen koennen.
    Es waere daher sehr hilfreich und sinnvoll wenn im schuli­schen Unter­richt der natur­wis­senchaft­li­chen Faecher neben der sicher notwen­digen Theorie auch entspre­chende Praxis vermit­teltb wird die kuenftige Genera­tionen wieder in die Lage versetzen sich im Notfall selbst helfen zu koennen. Zu meiner Schulzeit gab es noch Werkstatt­un­ter­richt ! – Welcher Jugend­liche kann heute einen Loetkolben, Schweiss­brenner oder auch nur eine simple Metall­saege oder Feile bedienen ? Die meisten scheinen noch nciht mal ein defektes Laempchen an ihren Fahrrad oder Moped ersetzen zu koennen. Mein Mathe- und Physik­lehrer war ueber­i­gens Funkama­teur ! – Ich glaube da kam sicher ein gewisser Anstosz her… – Also Aufruf an alle “Mint”-Lehrer: zeigt den Kids mal wie die Welt funktioniert !!!

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