Tante Lisbeths Vermächtnis
Mehr Sport treiben, gesünder essen, ein paar Kilos abnehmen: Hat nicht jeder von uns zu Silvester schon einmal wohlfeile Vorsätze formuliert? Und sie dann ganz schnell wieder vergessen? Anders verhält es sich bei Matthias Kohn. Jedes Mal zum Jahreskehraus kündigt er an, innerhalb der nächsten zwölf Monate eine Erfahrung machen zu wollen, die gänzlich neu für ihn ist. Seine Mission für 2021 lautete: ein Buch zu veröffentlichen.
Gesagt, getan: Mit »Das geheimnisvolle Erbe« hat Matthias Kohn ein Buch geschrieben, das sich in seiner Machart an die sogenannten PC-Adventure-Spiele anlehnt, die in den Achtziger- und Neunzigerjahren in der Ära der Heimcomputer unzählige Jugendliche in den Bann zogen. „Damals war Monkey Island mein absolutes Lieblingsspiel“, erzählt der 36-Jährige, der in Fallersleben aufwuchs, an der IGS in Westhagen zur Schule ging und heute in der Region die Filiale einer Baumarkt-Kette leitet.
Wie früher bei den Computerspielen warten in seinem Buch Denksporträtsel und Entscheidungen auf den Leser, die ihn je nach Herangehensweise auf verschiedene Seiten katapultieren und den Ausgang der Geschichte beeinflussen. Das Ganze, sagt Matthias Kohn, „ist ein Monkey Island in Buchform“.
Die Story
Tante Lisbeth ist gestorben und hat dem Leser, der das Geschehen aus der Ich-Perspektive verfolgt, eine Erbschaft vermacht. „Damit beginnt für ihn das Abenteuer“, erklärt Matthias Kohn. Das unverhoffte Vermächtnis führt den Lesenden nach Frankreich in eine alte und gruselige Villa, in deren Räumen die ein oder andere Herausforderung lauert. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten – bis auf die Tatsache, dass die Handlung in Wolfsburg beginnt, dort auch endet und zwischendurch kreuz und quer durch Europa führt.
Nicht nur das Schreiben des Buchs bedeutet für Matthias Kohn eine neue Welt, sondern auch das ganze Drumherum. Wie zieht man einen Verlag an Land? Wer gestaltet das Cover? Und wer zeichnet die Illustrationen im Inneren des Buchs?
Die Suche nach Unterstützern verursachte einen Haufen Arbeit, „den ich ein wenig unterschätzt habe“. Resonanz nach der Veröffentlichung erfuhr er zuallererst aus dem Familien- und Freundeskreis. Für die ältere Generation sei das viele Herumblättern während des Lesens ziemlich gewöhnungsbedürftig gewesen, erzählt er lachend, „doch die 14- bis 40-Jährigen hatten richtig viel Spaß mit dem Buch“.
Bleibt die Frage: Was hat sich Matthias Kohn für dieses Jahr vorgenommen? Eigentlich habe er durch Europa reisen und ausgestattet mit behördlicher Genehmigung und professionellem Metalldetektor an mehreren archäologischen Fundstellen Halt machen wollen, erzählt er. Doch wegen der Pandemie konnten die Seminare nicht stattfinden, die er für die Lizenz zum Suchen hätte belegen müssen. Matthias Kohn macht das Beste daraus: An die Mission Buch macht er keinen Haken, sondern er dehnt sie ein kleines Stückchen aus. „Mein Vorsatz ist es, mein Buch besser zu vermarkten und offensiver anzubieten.“
Dass sich die Arbeit gelohnt hat, daran besteht aus Sicht von Matthias Kohn keinerlei Zweifel. Als der Paketbote seinerzeit an seiner Haustür klingelte und ihm die Sendung mit dem frisch gedruckten Erstlingswerk überreichte, „da war das Gefühl wirklich unbeschreiblich. Ich habe mich fast gar nicht getraut, die Bücher auszupacken – aus Angst ich könnte die Papierseiten zerknittern. Ein Buch zu schreiben, ist auf jeden Fall eine tolle Erfahrung.“
Stefan Boysen
DEIN WOLFSBURG, Ausgabe 15, Sommer 2022