Melissa and Eon de Klerk carrying a dog

Wir sind einfach glücklich, hier zu sein“

Wolfsburg inter­na­tional

Wolfsburg ist eine inter­na­tio­nale Stadt, in der Menschen aus vielen verschie­denen Nationen arbeiten und leben. Vor einem Jahr sind Melissa und Eon de Klerk aus Südafrika gekommen. Im Interview sprechen sie darüber, wieso es ihnen in unserer Stadt so gut gefällt und was ihnen aus ihrer Heimat fehlt. Und die beiden verraten, welche Überra­schung sie in Deutsch­land erlebt haben.

Melissa und Eon de Klerk, wie haben Sie sich gefühlt, als Sie Südafrika verließen: Sind Sie voller Vorfreude ins Flugzeug gestiegen oder war Ihnen ein bisschen mulmig zumute?

Eon de Klerk: Mir ist in Erinne­rung geblieben, dass ich gut in Deutsch­land angekommen bin, meine Koffer aber leider nicht – die standen noch irgendwo auf dem Flughafen in Johan­nes­burg. Erst nach ein paar Tagen hatte ich meine ganzen Sachen wieder.

Melissa de Klerk: Ich bin im Dezember, einen Monat nach Eon nach Deutsch­land gekommen – mit unserem Dackel Milo, der zum ersten Mal flog. Das war ziemlich anstren­gend. Doch als wir alle drei in Deutsch­land vereint waren, war alles gut.

Was hat Sie nach Wolfsburg geführt?

Eon: Ich habe mehrere Jahre für Volks­wagen South Africa in Uitenhage nahe Port Elizabeth gearbeitet – eine Stadt, die etwas größer als Braun­schweig ist. In dieser Zeit war ich einige Male in Wolfsburg, das erste Mal 2010. Damals konnte ich mich nur mit Englisch und Afrikaans verstän­digen. Als ich vor einem Jahr die Chance bekam, festan­ge­stellt für Volks­wagen Nutzfahr­zeuge zu arbeiten, wollte ich das unbedingt machen. Mittler­weile spreche ich auch gut Deutsch.

War es schwierig, Ihre Frau zu überreden, Sie nach Wolfsburg zu begleiten?

Eon: Überhaupt nicht…
Melissa: Tatsäch­lich hatten wir schon vier Jahre den Gedanken mit uns herum­ge­tragen, nach Deutsch­land auszu­wan­dern. Als es mit dem Job endlich klappte und die Zeit gekommen war, hat sich das großartig angefühlt.

Haben Sie sich gut in Wolfsburg eingelebt und fühlen Sie sich bereits zu Hause?

Melissa: Ich mag es, in einer kleineren Stadt zu leben. In Wolfsburg kann ich eine Menge unter­nehmen, ohne weit fahren zu müssen. Phaeno, Kunst­mu­seum, Plane­ta­rium – hier ist viel los.

Eon: Wir sind einfach glücklich, hier zu sein. Mir hat das Altstadt­fest in Fallers­leben sehr gut gefallen. Die Stimmung ist einfach toll…

Melissa: …genauso auf den Weihnachts­märkten, die kennen wir in Südafrika nicht. Ich habe den Eindruck, dass die ganze Stadt sich wirklich sehr darum kümmert, dass es den Menschen gutgeht und sich jeder am kultu­rellen Leben betei­ligen kann.

Was vermissen Sie aus Südafrika?

Melissa: Den Strand. Und natürlich unsere Familien.

Eon: Wir skypen, um in Kontakt zu bleiben, und senden viele Nachrichten und Fotos mit WhatsApp.

Was hat Sie am meisten an Deutsch­land überrascht?

Melissa: Dass ich schnell einen Vorstel­lungs­termin in einer Sprach­schule bekommen habe und schon kurz darauf loslegen konnte, als Englisch­leh­rerin zu arbeiten – was ich vorher noch nie gemacht hatte. Ein bisschen kurios fand ich, dass ich beim Paket­ab­holen meine Sendung nicht bekommen habe, weil meine Aufent­halts­ge­neh­mi­gung als Identi­täts­nach­weis nicht ausreichte. Reisepass, Anmel­de­schei­ni­gung, Führer­schein & Co.: Ich nehme jetzt wirklich immer alles mit, wohin ich auch gehe.

Haben Sie bereits ein Lieblings­essen in Deutsch­land?

Melissa: Natürlich haben wir schon Klöße probiert. Wir ernähren uns vegeta­risch und kochen die meisten unserer Mahlzeiten zu Hause.

Wie haben Sie sich einen neuen Freun­des­kreis aufgebaut?

Melissa: Die Pandemie hat uns ein bisschen ausge­bremst. Ich habe gehört, dass es eine Weile dauern kann, bis man gute Freunde gefunden hat.

Eon: Zu Beginn sind viele ein bisschen zurück­hal­tend. Aber dann geht’s eigent­lich recht schnell, und man wird zum Grillen einge­laden oder gefragt, ob man mit ins Kino kommen möchte.

Gibt es ein beson­deres Erlebnis, von dem Sie uns erzählen wollen?

Melissa: Wir haben ein Haus in Almke gekauft!

Eon: Ein eigenes Haus war unser großer Wunsch, um hier Wurzeln schlagen zu können. Hoffent­lich ist das unser Zuhause für die nächsten dreißig, vierzig Jahre.

Melissa: Eine richtige Wolfs­bur­gerin werden – das ist, was ich möchte. Ich hatte in den ersten Wochen gefürchtet, dass sich viele daran stören würden, dass ich aus dem Ausland komme und noch nicht so gut Deutsch spreche – doch die Angst war absolut unbegründet. Alle sind nett zu mir.

Sind Sie denn schon Fan vom VfL?

Eon: Ich habe nichts gegen Fußball, aber ich stehe auf Eishockey und die Grizzlys. In meinem Schrank habe ich einige Trikots aus vergan­genen Spiel­zeiten gesammelt. In Südafrika schauen die meisten Rugby und Cricket.

Zu guter Letzt: Sie haben einen Blog, in dem Sie von Ihrem Leben in Deutsch­land erzählen. Warum?

Melissa: Ich komme ja aus der Medien­branche, mir gefällt es einfach zu schreiben. Außerdem möchte ich meine Erfah­rungen teilen, wie das Leben in Deutsch­land ist und was wir hier alles erleben. Ich glaube, es gibt viele Menschen, die in ein anderes Land auswan­dern möchten – aber die wenigsten wissen, was alles dahintersteckt.

Stefan Boysen

(Ausgabe 12, Winter 2020)

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