Elektrisierend einfach
Es ist sein erstes Mal: Bisher kannte unser Redakteur nur Autos mit Verbrennungsmotor, doch nun fällt der Startschuss zu seiner Premierenfahrt mit dem E‑Fahrzeug. Über eine Erfahrung, die jeder von uns machen könnte.
„Zu uns kommen viele echte Auto-Experten, die bis ins kleinste Detail alles über Elektromobilität wissen und von uns noch mehr erfahren möchten“, sagt Dominik Mohn. „Doch der Großteil unserer Gäste hat keinerlei Berührungspunkte mit der Technologie und ist noch nie ein Elektrofahrzeug gefahren, sondern maximal einen E‑Roller.“
Na toll, nicht einmal diese Erfahrung kann ich vorweisen. Seit jeher ist die Welt der Akkumulatoren, Lithium-Ionen-Batterien und Rekuperation eine fremde für mich, und dass ich diesen Satz unfallfrei schreiben kann, habe ich nur der kleinen Internetrecherche im Vorfeld meines Besuchs in der Autostadt zu verdanken. Was das Thema Elektromobilität angeht, bin ich – und das darf man getrost so deutlich sagen – ein absolutes Greenhorn.
Das soll sich heute ändern, und Dominik Mohn erfüllt eine wichtige Rolle in diesem Plan. Er arbeitet für die Autostadt und begleitet mich durch ihre Ausstellung zum Thema Elektromobilität. Für den großen Akt danach ist der Einblick in das ID. Experience Studio im zweiten Obergeschoss der KonzernWelt die Ouvertüre. Meine Feuertaufe im Elektrofahrzeug mit solidem theoretischen Hintergrundwissen zu verknüpfen, kann nicht verkehrt sein, denke ich mir. Wer weiß, wozu ich es gleich noch brauchen werde.
Wobei – mit Theorie im klassischen Sinne hat die Ausstellung nichts gemein. Die Autostadt hat ihre Exponate so aufbereitet, dass es eine Menge zu entdecken gibt und man vieles ausprobieren kann. „Unsere Gäste kommen mit vielen Fragen zu uns, die die Autostadt am liebsten alle beantworten möchte“, sagt Dominik Mohn. „Doch darüber hinaus wollen wir auch vermitteln, dass Elektromobilität ein echtes Erlebnis ist und Spaß macht.“
Im Cockpit Platz nehmen und bis zum Anschlag das E‑Pedal durchdrücken? Kann man hier machen, geht jedoch zulasten der Frisur, die durch den simulierten Fahrtwind schön zerzaust wird. Dafür erhält man einen markanten Eindruck, wie schnell das Elektrofahrzeug vom Fleck weg beschleunigen kann. „Der E‑Motor hat eben ein enormes Drehmoment“, erklärt Dominik Mohn.
Der Röntgenblick an einem der Exponate enthüllt, wie der Antrieb funktioniert und wo Elektromotor, Ein-Gang-Getriebe und Co. in der Hinterachse Platz finden. Nach vielen weiteren Informationen zum Laden und zur Ladeinfrastruktur, zu Stromverbrauch, Reichweite und CO2-Neutralität sind wir am Ende der Ausstellung angelangt. Ich fühle mich bestens versorgt mit allem Wichtigen zur Elektromobilität.
Was nicht heißt, dass ich in diesem Moment nicht ein klein wenig aufgeregt wäre. In der Autostadt zum ersten Mal ein Elektrofahrzeug aufzuladen und Ladesäule, Ladekabel und Ladeanschluss unfallfrei zu benutzen – schon das ist eine kleine Zäsur in meiner Beziehungsgeschichte mit dem Automobil. Die weitaus größere steht nun bevor.
Gut, dass Anja Million vom Mitarbeiterteam der Autostadt versiert darin ist, das neue Cockpit des ID.3 und seine Bedienung zu erklären. Auffällig: Anstatt des großen Schalthebels in der Mittelkonsole gibt es einen kleinen Schaltknauf am Armaturenbrett rechts hinter dem Lenkrad. „Hier ist der Schlüssel“, sagt Anja Million und drückt ihn mir in die Hand. Am Ladebalken auf dem Display erkenne ich, dass die Akkus fast voll sind und ihre Reichweite 300 Kilometer beträgt. „Für den Start einfach den Fuß auf die Bremse setzen“, höre ich – und wenige Augenblicke später breche ich auf in mein neues Automobil-Zeitalter.
Auf Wolfsburgs Straßen reihe ich mich hinter einem großen, langsam fahrenden Lkw ein. In dessen Schutz sammle ich erste Erfahrungen mit den beiden unterschiedlichen Fahrstufen; und damit, wie das Fahrzeug beim Loslassen des Gaspedals rekuperiert, sprich: wie es beim Bremsen seine Bewegungsenergie in elektrische Energie umwandelt.
Als ich auf den Einfädelungsstreifen zur A39 fahre, um am eigenen Leib die Beschleunigung zu spüren, greift die Hand instinktiv nach rechts zum Schalthebel – doch den gibt’s ja nicht. Nach dem Tritt aufs Gaspedal schießt das Fahrzeug lautlos nach vorne, und die digitale Geschwindigkeitsanzeige klettert viel flotter als gewohnt in die Höhe. Ganz schön aufregend und wirklich ein neues Fahrgefühl. Der Blick in den Rückspiegel verrät: Die Frisur sitzt.
„Wie war es?“, fragt Anja Million, als sie den Schlüssel wieder in Empfang nimmt. „Eigentlich ist das Fahren ja recht simpel. Man muss es halt selbst einmal erleben.“ Schade, dass die Probefahrt vorbei ist – deswegen gerne auch ein zweites Mal.
Smart Mobility Campus
Die Autostadt entwickelt sich zum Smart Mobility Campus, und das Thema Elektromobilität spielt dabei eine wichtige Rolle. In der KonzernWelt beleuchtet das ID. Experience Studio auf 800 Quadratmetern Entwicklung und Technologie von allen Seiten. Wir Menschen lernen ja am besten, wenn wir selbst etwas ausprobieren können. Deswegen gibt die Autostadt ihren Gästen die Möglichkeit, zum ersten Mal ein E‑Fahrzeug zu fahren. Nach der Einweisung können sie hautnah erleben, wie die Fahrzeuge beschleunigen; und sie können mit eigenen Ohren hören, dass man beim Fahren nichts hört. Ziel der Autostadt ist es, dass die Gäste auf ihre Fragen zur Elektromobilität viele Antworten finden. Und dass sie ein Gespür davon bekommen, dass die Technologie auch für ihr Leben ein Gewinn sein kann.
Stefan Boysen
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