Während es in Nordamerika und Japan Millionen Menschen spielen, ist Gateball hierzulande noch ziemlich unbekannt. Dabei hat die Sportart einiges zu bieten und kann generationsübergreifend betrieben werden – auch in Zeiten von Corona.
Zwar ist Gateball ein vergleichsweise ruhiger Sport, dennoch sind einige Emotionen mit von der Partie: „Lieber Ball, geh’ doch endlich mal durch“, ruft Rosemarie Seegatz etwas verzweifelt, als sie bei einem Spiel der Gateballer*innen des VfL Wolfsburg erneut ihren Ball am Tor vorbeischlägt. Und damit das Ziel verfehlt. Denn beim Gateball geht es im Grunde darum, dass Spieler*innen zweier gegnerischer Teams ihre Bälle mithilfe eines speziellen Schlägers durch insgesamt drei Tore schlagen und zum Schluss an einen Zielpfosten. Gewonnen hat die Mannschaft, deren Spieler*innen nach maximal 30 Minuten häufiger durch die Tore und schließlich den Zielpfosten treffen.
Walter Schmidt aus dem gegnerischen Team freut sich über Seegatz’ Fehlschlag und macht sich nun daran, einen Ball ihrer Mannschaft ins Aus zu befördern: Denn beim Gateball kann man auch gewinnen, indem man die Konkurrenz daran hindert, Punkte zu erzielen und dafür mit seinem Ball einen Ball des anderen Teams ins Aus schlägt. Neben einer vergleichbaren Geschicklichkeit wie beim Mini-Golf ist also eine gewisse Strategie gefordert: „Man muss sich überlegen, was man macht“, sagt Schmidt. „Schlägt man seinen Ball so, dass er bestenfalls durchs nächste Tor rollt. Oder versucht man lieber, den gegnerischen Ball rauszuhauen.“ Der Detmeroder entscheidet sich jetzt für den gegnerischen Ball, befördert ihn ins Aus und bekommt dafür was von Gegnerin Seegatz zu hören: „Oh, musste das jetzt sein?“
Neben Geschicklichkeit, Taktik und Nervenstärke gibt es eine weitere Komponente, die diese Sportart ausmacht: Die Spieler*innen sind viel in Bewegung. Nicht schnell, aber nach jedem Schlagen muss dem Ball hinterhergegangen werden, sodass einige Meter zusammenkommen. Karin Weiler, Leiterin der VfL-Gateballer*innen, bestätigt den Eindruck: „Zwar ist das kein Power-Sport, aber man muss sich schon bewegen.“ Für Reha-Patienten sei das damit ein gut geeigneter Sport, um einen körperlichen Ausgleich zu haben. „Und es macht auch einfach Spaß.“
Die Wenigsten werden wissen, dass Wolfsburg im Gateball europaweit die Nummer Eins ist. Zumindest wurde 2006 der erste Gateball-Club in Europa gegründet. 2011 zog der VfL nach und stellte eine eigene Mannschaft in dieser Sportart auf, die 1947 in Japan erfunden wurde und mit Croquet verwandt ist. Ursprünglich für Kinder konzipiert, entwickelte es sich zu einem generationenübergreifenden Sport. Mittlerweile spielen weltweit schätzungsweise acht Millionen Menschen Gateball, allein in Japan sind es sechs Millionen. Hierzulande ist die Sportart noch recht unbekannt. Die Gateballer*innen vom VfL würden sich deshalb über Zulauf freuen. Auch in Zeiten von Corona, denn die Spieler*innen kommen sich bei dieser Sportart in der Regel nicht zu nahe, und Abstand kann leicht eingehalten werden.
Tobias Kuske
Spielregeln Gateball:
Gateball kann im Freien und in der Halle gespielt werden auf einem rechteckigen Spielfeld, das 20–25 Meter lang und 15–20 Meter breit ist. Auf dem Feld befinden sich drei Tore und ein Zielpfosten. Zwei gegeneinander antretende Mannschaften mit jeweils fünf Spielern*innen versuchen, Bälle so groß wie beim Tennis mithilfe eines Schlägers durch die Tore und an den Pfosten zu schlagen. Jedes Tor zählt einen Punkt, der Zielpfosten zwei. Die Spieler*innen spielen mit ihrem eigenen Ball, der mit einer Nummer (1 bis 10) markiert ist. Geschlagen wird in der Reihenfolge der Nummern innerhalb von zehn Sekunden. Schafft man es, gleich durchs erste Tor zu schlagen, ohne über die Spielfeldgrenze hinaus zu geraten, hat man einen weiteren Versuch von dort, wo der Ball nun liegt. Schlägt man beim ersten Tor daneben oder ins Aus, heißt es aussetzen und zurück zur Startposition. Ab Tor 2 gilt: Es wird von dort geschlagen, wo der Ball liegen bleibt. Bei Treffern von hinten durch ein Tor gibt es keine Punkte, und man muss in der nächsten Runde vom Seitenaus schlagen. Wird ein anderer Ball getroffen, führt man ein sogenanntes Sparking aus: Der andere Ball wird direkt an den eigenen gelegt, dann einen Fuß auf den eigenen Ball gesetzt und gegengeschlagen, sodass der andere Ball entweder ins Aus (bei einem gegnerischen Ball) befördert wird oder zu einem Tor führt oder am Zielpfosten landet (bei einem Ball des eigenen Teams).