Beeindruckend International ist eine Projektgruppe bestehend aus dem Internationalen Freundeskreis, Volkswagen Global Assignments und der WMG. Diese Gruppe widmet sich internationalen und interkulturellen Themen, um zu zeigen, wofür Wolfsburg steht: für Vielfalt, Toleranz und Integration.
Für ihre neue Kampagne #GeschlossenWeltoffen hätten die Vereine wie Internationaler Freundeskreis Wolfsburg, Kirchen und die vielen weiteren Akteure des Schulterschlusses der Wolfsburger Demokraten kein besseres Symbol wählen können: Das Herz aus den Umrissen unserer Stadt steht für Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz – und dafür, dass es kräftig und mit Leidenschaft schlägt. Im Interview erzählen Olde Dibbern (Verein „Erinnerung und Zukunft“) und Pädagoge Björn Ferneschild (VfL Wolfsburg), warum sie beim Schulterschluss mitmachen, wie sie sich für ein vielfältiges und tolerantes Wolfsburg einsetzen – und wie ihnen jeder von uns dabei helfen kann.
Herr Dibbern und Herr Ferneschild, warum ist die Zeit reif, in Wolfsburg ein starkes Signal für Vielfalt und Toleranz sowie gegen Rassismus und Ausgrenzung zu senden?
Olde Dibbern: Für ein solches Signal ist immer die richtige Zeit. Leider ist es notwendig, in Wolfsburg darauf aufmerksam zu machen, dass es hier Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus gibt. Wolfsburg ist eine bunte Stadt mit Menschen, die aus vielen, vielen Ländern kommen. Gemeinsam wollen wir, dass das so bleibt.
Björn Ferneschild: Fremdenfeindliche Menschen sind in der Minderheit, jedoch häufig sehr laut. Es ist wichtig, dass sich ihnen die große weltoffene Mehrheit entgegenstellt und wir das auch sichtbar machen. Beim VfL Wolfsburg setzen wir uns für Vielfalt, gesellschaftliches Miteinander und Werte wie Offenheit, Respekt und Toleranz ein. Dazu nutzen wir die Kraft und die Vorbildfunktion des Fußballs. Im Männer‑, Frauen- und Jugendbereich tragen alle Mannschaften die Regenbogen-Kapitänsbinde und senden eine deutliche Botschaft auf dem Platz.
Mit welchen Projekten wenden Sie sich gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz?
Olde Dibbern: Unser Verein „Erinnerung und Zukunft“ entstand Ende der Sechzigerjahre aus dem Wunsch heraus, sich mit Polen zu versöhnen. Im September 1967 ist die erste Gruppe mit jungen Leuten aus Wolfsburg nach Auschwitz gefahren. Heutzutage machen wir jedes Jahr am 8. Mai in Zusammenarbeit mit der IG Metall eine Veranstaltung an der Gedenkstätte für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Hier auf dem Friedhof liegen osteuropäische Zwangsarbeiter begraben, darunter viele Kinder.
Björn Ferneschild: Ich arbeite viel mit Schulklassen. In Workshops setze ich mich mit den Schülerinnen und Schülern mit Themen wie Antidiskriminierung, Zivilcourage sowie sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentitäten auseinander. Ein wichtiges Projekt für den VfL ist „Wolfsburger Schule für Vielfalt“, wo wir Schulen und ihr antirassistisches Engagement ein Jahr lang begleiten und unterstützen. Auch in Fanarbeit und Ordnerschulungen setzen wir Zeichen gegen Diskriminierung. In unseren Projekten sind wir mit vielen Akteuren vernetzt, darunter die Jugendförderung der Stadt, der Stadtjugendring und das Zentrum für Demokratische Bildung.
Inwieweit hilft Ihnen der gemeinsame Schulterschluss bei Ihrem Engagement?
Olde Dibbern: All‘ das, wofür der Schulterschluss einsteht, ist auch Anliegen unseres Vereins. Wir sind ein Teil der Initiative und arbeiten darin mit vielen Partnern zusammen, um gemeinsam Aktionen zu planen und umzusetzen.
Björn Ferneschild: Ich bin erstaunt, wie viele Akteure bei der Initiative mitmachen – und wie viele es auch gibt, die wir nicht kennen und nun ganz neu entdecken. Dass sich daraus eine tolle Zusammenarbeit ergibt, ist wichtigstes Ziel der Initiative.
Welche Möglichkeiten hat jede Wolfsburgerin und jeder Wolfsburger, die Kampagne #GeschlossenWeltoffen zu unterstützen?
Olde Dibbern: Die Website www.geschlossen-weltoffen.de aufrufen, sich hier informieren und einfach mitmachen…
Björn Ferneschild: …und Aufkleber mit rechten Parolen aus dem Stadtbild entfernen. Überkleben darf man sie nicht, doch jeder kann sie abziehen und so verschwinden lassen.
Was kann man tun, wenn man am eigenen Leib mit rechtsextremem Gedankengut konfrontiert wird?
Olde Dibbern: Wenn es möglich ist, offen dagegen anzugehen, dann sollte man das konsequent tun. Wichtig ist, auf sich aufzupassen und sich keiner Gefahr auszusetzen.
Björn Ferneschild: Es kann der beste Freund und die beste Freundin sein, die einfach mal einen Spruch raushauen. In solchen Fällen sollte man sagen: ‚Ich hoffe, du meinst das nicht wirklich so. Doch das, was du eben von dir gegeben hast, ist rassistisch.‘ Das Schlimmste ist, so etwas einfach im Raum stehen zu lassen – denn dann nimmt man Rassismus ein Stück weit hin.
SEITE AN SEITE MIT GEFLÜCHTETEN
Für Oliver Braun liegen Freud und Leid nah beieinander. Die Schicksale der Menschen, die vor Krieg und Verfolgung aus ihrer Heimat geflüchtet seien, hinterließen auch bei ihm Spuren, erzählt er. „Ich bekomme Geschichten zu hören, die unvorstellbar sind.“ Doch kann er einen wichtigen Beitrag leisten, damit die Menschen nicht in ihrer Vergangenheit leben müssen, sondern auch eine Zukunft haben. Seine Aufgabe lautet: „Wir helfen Geflüchteten, im Arbeits- und Ausbildungsmarkt Fuß zu fassen.“
Oliver Braun ist Projektleiter der Flüchtlingshilfe von Volkswagen. Seit sechs Jahren engagieren sich der Konzern und seine Marken für geflüchtete Menschen. Im Laufe der Zeit hat sich die Ausrichtung geändert. „Zu Beginn der Flüchtlingskrise stand die Soforthilfe im Mittelpunkt“, sagt Oliver Braun. Dazu zählten Geld- sowie Sachspenden und auch der Beistand des Mitarbeiterteams, das in den Flüchtlingsunterkünften mit anpackte. „Mittlerweile liegt der Schwerpunkt unseres Engagements in der beruflichen Integration.“ Das Unterstützungsangebot reiche von Sprachkursen über Qualifizierungsmaßnahmen bis zur Studienplatzförderung.
Mehr als 2.500 geflüchteten Frauen und Männern hat die Volkswagen AG bereits Wege in den Arbeitsmarkt aufgezeigt – etwa in Zusammenarbeit mit dem Regionalverbund für Ausbildung e. V. durch Praktika, in denen auch das Sprachtraining eine wichtige Rolle spielt. So steht die Flüchtlingshilfe von Volkswagen nicht nur Seite an Seite mit Geflüchteten, sondern auch mit vielen Helfern. In Netzwerken arbeitet sie zusammen mit Unternehmen, Verbänden und Hilfsorganisationen – darunter deutschlandweit mit der UNO-Flüchtlingshilfe und in unserer Stadt mit dem Deutschen Roten Kreuz und der Flüchtlingshilfe Wolfsburg.
Für Oliver Braun hat dieser Zusammenhalt einen hohen Wert. „Ohne den großen Einsatz, den auch viele Ehrenamtliche leisten, wären in der Flüchtlingshilfe viele Projekte nicht möglich.“
Stefan Boysen