Entwarnung: Die Säule bleibt! Für die Graffiti, innen wie außen, gilt dies eher nicht, sie dürfen aber später ersetzt werden. Damit sind vermutlich die beiden brennendsten Fragen rund um die Sanierung des selbstverwalteten Jugendhauses Ost im Walter-Flex-Weg umrissen. Doch der Aktionsrat, auch A‑Rat genannt, hat noch viel mehr zu berichten – von der Sanierungszeit zwischen Juli 2019 und September 2020, von der 41jährigen Geschichte der Einrichtung sowie von den Aktivitäten der vielen Gruppen im Hause.
Vielen dürfte das Jugendhaus Ost aufgrund seiner Konzerte geläufig sein, in den Genres Metal, Hip Hop, Punk oder Hardcore zumeist, und allen Gästen ist eines bestens vertraut: die Säule vor der Bühne. Die stand nun zur Diskussion, weil sie den Blick versperrt – aber: „Die Säule bleibt“, untermauert Corinna Jüptner. Weil sie einfach dazugehört, und weil sie für die Statik des Raumes erforderlich ist, ergänzt Marcus Jasak. Verschwinden werden hingegen Teile der markanten Graffiti, die im Bereich der Arbeiten an Fassade und Dämmung liegen, doch sollen die später geplant ersetzt werden. Die Stadt dokumentiert überdies sämtliche Malereien.
Wichtiger sind jedoch die Gründe für die Sanierung: das Dach, die Fassade und die Elektrik des Gebäudes. Auch sollen einige Räume wieder zugänglich gemacht werden, die aus unterschiedlichen Gründen teilweise seit 30 Jahren stillgelegt sind und beinahe ein Viertel der Gebäudefläche einnehmen. Einziehen sollen dort eine Werkstatt mit Zugang zum Hof, eine Siebdruckerei, ein Tonstudio – und ein eigener Raum für den A‑Rat, den gibt es derzeit noch nicht. Der eigentliche Haupteingang wird wieder nutzbar gemacht, um damit im Gebäude zwei separate Bereiche zu schaffen, die auch getrennt voneinander genutzt werden können. Bislang begegnen sich Cafébesucher und Toilettengänger vor der Bühne, weil dies die einzige Verbindung zwischen beidem ist. Barrierefrei soll der Zugang dann außerdem sein. Und der Saal wird vergrößert, dann für 199 statt 150 Gäste.
Nun soll es aber nicht so sein, dass für den gesamten Sanierungszeitraum die Aktivitäten ruhen. Da bis Februar 2020 die Arbeiten am Außenbereich vorgesehen sind, plant der A‑Rat Veranstaltungen bis dahin. Für das verbleibende halbe Jahr wälzt das Gremium Ideen, darunter Kooperationen mit anderen Einrichtungen sowie den Einsatz von Baucontainern für kleine Veranstaltungen im Sommer.
Sicher ist: „Es soll so saniert werden, dass wir den Geist des Hauses erhalten“, betont Felix Wendt. Diesen Geist gibt es seit 41 Jahren: 1978 ging das Jugendhaus Ost an den Start. Vorher beherbergte das Gebäude unter anderem ein Nähstübchen, eine Bücherei und religiöse Gemeinschaften. Errichtet wurde es 1938 als Katasteramt für die geplante Stadt des KdF-Wagens. Vieles spricht dafür, dass dieser Bau die erste Baracke war, die dort damals überhaupt gebaut wurde; unter anderem deshalb steht er unter Denkmalschutz.
Heute nutzen diverse freie Aktionsgruppen das Ost, darunter solche für Konzerte, Siebdruck, Feminismus, Proberäume und Verwaltung. Jede Gruppe entsendet einen Delegierten in den A‑Rat, der dann Belange des Hauses demokratisch entscheidet. Auch externe Ideenbringer sind gern gesehen – nur keine mit rechten oder menschenfeindlichen Ansichten, unterstreicht Steffen Brandes. Wie es nach der Sanierung weitergeht, plant der A‑Rat, sobald es so weit ist. Ganz sicher: Es gibt eine große Wiedereröffnungsparty!
Matthias Bosenick
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