Kai’s Welt der Spiele

Bretter, die die Welt bedeuten

Kai’s Welt der Spiele“ ist ein unschein­bares Geschäft abseits der Haupt­ein­kaufs­straße. Ein Laden, bis unter die Decke vollge­sta­pelt mit Spiele­kar­tons, Comic­fi­guren und einem T‑Shirt-Druck-Service im hinteren Ladenbereich.

Wie schnell der erste Eindruck doch täuschen kann.

Denn auch wenn „Kai’s Welt der Spiele“, das Spiel­wa­ren­ge­schäft in der Schil­ler­straße 41, auf den ersten Blick seit nunmehr neun Jahren unscheinbar neben den Shops und Boutiquen der Wolfs­burger Innen­stadt wirkt – in Wahrheit und ganz unter dem Radar fliegt hier eines der größten und bedeu­tendsten Geschäfte für Brett­spiele in der Region. Ein Paradies für Spiele­fans aus der ganzen Republik, für „Pen and Paper“- und „Table Top“-Gamer, für Manga- und Comic-Leser*innen, für Superhelden*innenfiguren-Sammler*innen, für eine große Gruppe von Menschen, die in ihrer Freizeit in Verliesen auf Drachen stoßen und am nächsten Tag, im nächsten Spiel, die Welt vor der großen Pandemie bewahren. Immerhin 33 Prozent der Deutschen geben an, gelegent­lich Brett­spiele zu spielen. Das sind über 27 Millionen.

Einer von ihnen, Kai Hilde­brandt, eröffnete das Wolfs­burger Kleinod der Nerds im Jahr 2010 und wagte damit den Schritt in die Selbst­stän­dig­keit, ausge­rechnet in einer so kleinen Nische wie den „Experten-Spielen“, wie er die Brett­spiele für Vielspieler*innen nennt. „Darum kommen die Leute zu uns!“, erklärt er und zeigt auf Regale über Regale, auf Spiele mit so abgefah­renen Namen wie „Exploding Kittens“ (derzeit der Renner bei Partys), „Agricola“ (ein Klassiker unter den Strate­gie­spielen) oder „Axis & Allies“ (Risiko für Fortge­schrit­tene). Hier schlägt das Herz von Kai Hilde­brandt. Für diese Erkenntnis reicht ein naives: „Welches Spiel können Sie denn Anfängern*innen empfehlen?“ Denn sofort ist der Spiel­wa­ren­la­den­be­sitzer in seinem Element. „Oh, es gibt nicht DAS eine Spiel! Soll es um Taktik gehen oder um Glück? Party­spiel oder mehrstün­dige Aufgabe? Wird lieber gegen­ein­ander oder gegen das Spiel angetreten? Möchte man Magier, Siedler oder Kriegs­held sein?“ Gute Frage… „Wer ein Geschenk machen will und unsicher ist, was dem Beschenkten gefallen könnte, der schaut am besten, welches Spiel der- oder diejenige bereits gerne spielt! Wir finden dann das Passende“, erklärt Kai Hilde­brandt. Beratung ist das A und O. Bekannte Spiele wie Monopoly & Co. könne jede*r verkaufen, die sehe man auf der Suche nach einem Weihnachts­ge­schenk im Super­markt und denkt sich „Da mach ich nichts verkehrt!“. Wer aber auf der Suche nach dem Beson­deren ist, nach wirklich indivi­du­ellen Spielen, nach Abenteuern, die sich mit jedem neuen Spiel­aufbau, mit jeder neuen Karte immer wieder neu erfinden und so langan­hal­tenden Spielspaß garan­tieren, der*die nimmt sich doch am besten die Zeit und lässt sich von einem*r Experten*in beraten.

Wissen tun das die wenigsten. Entspre­chend groß ist die Konkur­renz. Einmal die hohe Anzahl an Drogerien, Super­märkten und konven­tio­nellen Spiel­wa­ren­läden, die natürlich mittler­weile längst die Brett­spiel­klas­siker im Programm haben. Auf der anderen Seite der wachsende Online-Handel. Das alles in einem ohnehin umkämpften Nischen­markt. „Halten können wir uns vor allem durch unsere Stamm­kunden“, erzählt Hilde­brandt. Laufkund­schaft komme selten, dafür aber umso mehr Menschen, die gezielt einen Stopp im Spiele­pa­ra­dies einlegen – sowohl aus Wolfsburg und Umgebung, aber auch schon mal aus hunderten Kilome­tern Entfer­nung, z.B. bei einem Zwischen­stopp auf dem Weg zur Fahrzeug­ab­ho­lung bei VW. „Wir haben Spiele im Angebot, bevor sie der große Online-Handel überhaupt verkaufen darf, die wir z.B. direkt nach Messe­be­su­chen einkaufen. Spiele, die es im Internet grund­sätz­lich nicht gibt. Als Direkt­ver­käufer sind wir dabei so gut wie immer günstiger. Und wenn wir mal etwas nicht haben, dann wird es bestellt!“ Im Prinzip gibt es bei „Kai’s Welt der Spiele“ also alles, außer 08/15.

Die Stammkunden*innen sind es, die das Geschäft während unseres Besuches mit Leben füllen. Zwei Spiel­felder sind auf Tischen neben den einge­schweißten Kartons aufgebaut. Eine Handvoll Leute sitzt mit Karten in der Hand über die Partien gebeugt, konzen­triert. Ein*e andere*r lässt sich ein paar Meter weiter von Kai Hilde­brandt in die Welt der Pen-and-Paper-Games entführen (Rollen­spiele à la Dungeons and Dragons, in denen man mit Stift und Papier bewaffnet selbst zur Spiel­figur wird und auch schon mal in die Rolle von Elfen oder Riesen schlüpft, um zu gewinnen). Nerd sein wie bei Big Bang Theory und das mit Stolz. Wo, wenn nicht in Wolfsburg?!

Aber so ein Brett­spiel spielt sich ja nicht gut allein. Wo also hin, wenn man sich auch mal ins Abenteuer stürzen will? Ganz leicht beim Spiele­treff: Jeden Freitag um 16 Uhr bei „Kai’s Welt der Spiele“, jeden zweiten Samstag im Monat ab 18 Uhr im Café Anna (Reislinger Markt 28b).

WMG RK

© WMG, Fotos JSG

Ausgabe 10, DEIN WOLFSBURG, 2019

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