Richtige Fußballanhänger*innen unterstützen ihr Team so gut es geht und nehmen auch weite Wege zu den Auswärtsspielen in Kauf. Die „Meilenwölfe“ haben sich das zum Prinzip gemacht: Der Fan-Club des VfL Wolfsburg organisiert zu jedem Spiel eine Fahrt mit Gleichgesinnten. Ein Angebot, das gut ankommt.
Seit der Gründung des Fan-Clubs vor rund sechs Jahren haben die Meilenwölfe so viele Kilometer zu den Auswärtsspielen des VfL zusammengefahren, dass das eine viermalige Umrundung der Erde ergibt, also rund 160.000 Kilometer. „Wir waren bisher bei jedem Spiel. Das macht, soweit ich weiß, kein anderer Fan-Club des VfL“, sagt Sören Henke. Der Vorsitzende der Meilenwölfe fügt jedoch schnell an: „Eine Ausnahme gab es mit Krasnodar in der Ukraine. Dorthin sind wir aufgrund der politisch unsicheren Lage im Herbst 2014 lieber nicht gereist.“
In den Flieger geht’s nur, wenn die Ziele weiter weg in Europa liegen und auf die Schiene nur dann, wenn der VfL einen Sonderzug für alle Fans anbietet. Sonst sind die Meilenwölfe mit mindestens einem neunsitzigen VW-Bus unterwegs. „In der Regel fahren zwischen acht bis zwanzig Personen mit. Oft in wechselnder Zusammenstellung, da viele wegen Familie oder Beruf nicht bei jedem Spiel können“, sagt Henke. Ist das Interesse sehr hoch, wird ein großer Reisebus angemietet. „Wir gehen da immer in Vorleistung.“ Bis jetzt habe sich das ausgezahlt. Organisiert werden die Fahrten inzwischen auch mithilfe einer eigenen App, über die sich Mitglieder für Fahrten anmelden können.
Gegründet hat Henke den Fan-Club ursprünglich, weil er bei einem Spiel des VfL in Braunschweig Probleme hatte, Eintrittskarten zu ergattern. Als der heute 29-Jährige erfuhr, dass Fan-Clubs des VfL ein Vorkaufsrecht haben, suchte der Wolfsburger Gleichgesinnte und gründete schließlich mit 24 anderen VfL-Anhängern*innen die Meilenwölfe mitsamt dem Plan, fortan bei jedem Auswärtsspiel dabei zu sein. Das Timing hätte kaum besser sein können: Der VfL wurde in der Bundesliga Zweiter hinter Bayern München und holte gegen Borussia Dortmund den DFB-Pokal. „Das war der krönende Abschluss einer tollen Saison und wird immer in Erinnerung bleiben“, schwärmt Henke. Der sportliche Erfolg sorgte zudem für erhöhten Zulauf bei dem Fan-Club: Nach dem ersten Jahr lag die Zahl der Mitglieder bereits bei 100. Mittlerweile sind es 176 zahlende Mitglieder (36 Euro Jahresbeitrag, ermäßigt 24 Euro).
Henke weist aber darauf hin, dass auch Nicht-Mitglieder bei den Fahrten mitdürfen. „Wir sind da offen.“ Sowieso scheint es bei dem aktuell drittgrößten Fan-Club des VfL locker zuzugehen: „Bei uns kann jeder mitkommen. Und unsere Mitglieder müssen auch keine Mindestanzahl an Fahrten mitmachen.“ Jedoch gibt es ein internes Meilenranking, und am Ende jeder Saison bekommt der „Meilenmeister“ einen Pokal. „Das ist aber eher ein Gag“, sagt Henke schmunzelnd.
Durchaus ungewöhnlich für einen Fußballfan-Club: Es gibt auch einige ältere Mitglieder, das älteste ist 67. Der Kern der Meilenwölfe ist aber recht jung mit einem Alter von 20 bis 30 Jahren. Dabei ist der Anteil an Frauen vergleichsweise hoch: „Es gab schon Fahrten, wo genauso viele Frauen wie Männer dabei waren“, sagt Tabea Klett, die 2014 dazustieß: „Ich wollte mit meiner Freundin zum Spiel des VfL in Lille. Jedoch nicht nur zu zweit. Zufällig hörten wir dann, dass die Meilenwölfe ebenfalls dorthin reisen.“ Seitdem ist Klett mit dabei. Oft ist sie die Fahrerin, aus einem einfachen Grund: „Ich trinke, wenn ich mir ein Spiel anschaue, grundsätzlich kein Bier“, sagt die 25-Jährige und fügt grinsend hinzu: „Das ist bei den meisten Meilenwölfen anders. Aber das ist immer entspannt und kein Problem.“
Neben den gemeinsamen Auswärtsfahrten gibt es weitere feste Bestandteile im Clubleben: Paintball oder Lasertag spielen zum Beispiel, Kart fahren oder ein Sommerfest. Auch im Fan-Rat des Bundesligisten sind die Meilenwölfe aktiv, tauschen sich dort mit anderen Fan-Clubs und dem VfL aus. Zudem engagieren sie sich sozial und unternahmen beispielsweise bereits etwas mit Flüchtlingskindern.
Letztlich geht es aber im Kern um die grün-weiße Liebe, die alle Meilenwölfe vereint. Und um die zahlreichen guten Momente, die sie auf den gemeinsamen Reisen zu den Spielen erleben. Henke erinnert sich neben dem Pokalsieg gern an die Reisen nach Madrid, Everton, Lissabon, Neapel, Eindhoven, Gent und an zu viele andere Fahrten, um sie alle hier aufzählen zu können. Und eines ist bei den Meilenwölfen sicher: Diese Liste wird immer länger.
Tobias Kuske
Ausgabe 11, DEIN WOLFSBURG, Sommer 2020