Unkonventionell, spontan, improvisationsfreudig, Publikum aktivierend
… so beschreibt Roland Kalweit sein Theater. 2003 von ihm als reines Tournee-Theater ins Leben gerufen, unterhält das Motown Theater mit seinen Gastspielproduktionen nunmehr seit 20 Jahren eine stetig wachsende Fangemeinde auf deutschen Bühnen – und darüber hinaus. Seine nördlichste Hardcorefangemeinde, so erzählt er, sitzt in Harrislee, direkt an der dänischen Grenze, die südlichste Fangemeinde findet sich in Straubingen in Bayern.
Roland kommt aus dem Ruhrgebiet. In Bochum hat er die Schauspielerei gelernt. 1995 in Herne das erste eigene Theater eröffnet. Parallel hat er bei Warner Brothers im Live-Entertainment im Theater gearbeitet. 2000 wurde er von der Autostadt abgeworben und kam nach Wolfsburg. 2003 startete er die Krimilesungen auf dem Mittellandkanal. Ungefähr zur gleichen Zeit begann er mit gelesenen Darstellungen von Stücken mit verteilten Rollen, durch den deutschsprachigen Raum zu ziehen.
Motown Theater. Der Name hat sich von selbst ergeben, meint Roland, abgeleitet von Wolfsburg als „die Autostadt“. Und Motown Theater steht für Motor Town, was übersetzt Autostadt heißt. Ähnlich wie in Detroit, wo das erste Motown Theater in den 90ern eröffnet wurde.
Besonderen Kultstatus haben die Motown Krimiproduktionen unter dem Crime-Time-Label erreicht, in denen das Theater sich den großen Detektiven und Detektivinnen der Literaturgeschichte widmet – von Sherlock Holmes über Miss Marple bis hin zu Hercule Poirot und den Edgar-Wallace-Kommissaren.
Das Ensemble besteht aus einem festen Stamm von 6 Akteuren. Neben weiteren Musikern, die z. B. für die Livemusik sorgen, sind es auch die Besucher und Besucherinnen, die das Ensemble komplettieren. Das Publikum spielt bei Rolands Lesetheater eine große Rolle, nicht nur als Geräuschemacher z. B. für Türen, Regen, … sondern auch als Teil des Ensembles, wenn er mit Textkärtchen bestückt Besucher oder Besucherinnen mit auf die Bühne holt. Dadurch ist jede Vorstellung des Lesetheaters anders, spontan und einzigartig.
Eine seiner liebsten Rollen ist die von Hercule Poirot. Einer der berühmtesten fiktionalen Detektive der Welt, dessen Schnurbart sein bekanntestes Markenzeichen ist. Vielleicht zwirbelt Roland während unseres Interviews deshalb immer wieder unbewusst an seinem Schnurbart, er steckt eben immer noch in seiner Rolle.
Aktuell tourt das Motown Theater mit Sherlock Holmes Stück „Der Hund der Baskervilles“ durch Deutschland. Drei Schauspieler in 18 verschiedenen Rollen sorgen für mörderischen Slapstick-Spaß.
Jede Inszenierung muss Roland aus eigener Tasche vorfinanzieren, von den Rechtezahlungen bis hin zu den Gagen. Das geht ins Geld. Seinem wirtschaftlichen Kalkül ist es überlassen, das wieder reinzuspielen. „Man wird nicht reich, aber es geht um die Leidenschaft und das Vergnügen.“
Die Premiere zum Stück fand im Mai 2022 im Hallenbad statt. „Das Hallenbad ist ideal für Underdog Ensembles und bietet die optimale Bühne.“ Am 18. Januar 2024 sind sie wieder dort zu sehen, bis dahin geht es durch ganz Deutschland.
Unser Interview wird unterbrochen durch das Motorengeräusch eines Motorrads. Rolands Handyklingelton. Wie er mir erzählt, ist das Motoradfahren eine weitere Leidenschaft, die zum Abschalten dient und obwohl ihm wenig Zeit für Hobbies bleibt gilt seine Sammelleidenschaft Bobby Helmen, von denen er schon über 100 Stück sein eigen nennt, und Krimibüchern. Letzteres, um immer wieder neue Geschichten für sein Lesetheater zu entdecken, eine wunderbare Möglichkeit Literatur auf die Bühne zu bringen.
Es bleibt also spannend!
J. Guss
Hier geht es zur Website: http://www.motowntheater.com
03/2023