Endlich wieder raus ins Freie: Jetzt im Mai ist die Zeit, um an die frische Luft zu gehen, tief durchzuatmen und neue Energie zu tanken. Im frühlingshaften Wolfsburg haben auch wir uns auf den Weg gemacht. Und dabei erfahren, warum unser Wasser so rein und klar und der Allerpark der größte Spaßbringer weit und breit ist. Im Arboretum haben wir den Förster getroffen und gemeinsam mit ihm die blühende Aufbruchstimmung im Stadtwald erlebt. Schöne Orte, um sich jäh zu verlieben in die pure Natur.
Puh, ganz schön heiß!
In den Sommern 1956 und 1957 war’s so warm, trocken und sonnig in Wolfsburg, dass die Polizei durch die Straßen fuhr und die Menschen anhielt, bitte schön nicht die Gärten zu sprengen. Weil das Wasser knapp war, musste ein Wasserwerk her – ebenjenes in Westerbeck, von dem wir neben dem Wasserwerk Rühen unser Wasser beziehen. Wolfsburgs Wassergeschichte ist reich an interessanten Kapiteln. 1938 zur Gründung der Stadt stammte das Wasser aus dem heutigen Stadtforst zwischen dem Rabenberg und Detmerode, genauer gesagt: aus vier artesischen Brunnen (kennen wir aus dem Erdkunde-Unterricht). Ohne Hilfsenergie beförderte man das Wasser auf den Klieversberg zum dortigen Hochbehälter, der heute außer Betrieb ist. Besonders zeitig ging man in Fallersleben zu Werke: Schon im 16. Jahrhundert baute man hier ein Wasserversorgungssystem aus hölzernen Rohren.
Blütenweiße Wäsche
Gut zu wissen: Aus unseren Leitungen kommt Natur pur. Die LandE-Stadtwerke Wolfsburg (LSW), die uns mit dem Trinkwasser versorgt, muss es nicht aufwendig aufbereiten. Auf seinem Weg von den Grundwasserspeichern – das sind Hohlräume tief unter der Erde, die große Wassermengen aufnehmen und weiterleiten können – bis zu unseren Wasserhähnen behält das Wasser seine natürliche Beschaffenheit. Chemie kommt nicht zum Einsatz. Nur Spuren von Eisen und Mangan werden in der biologischen Aufbereitung entfernt. Sie sind zwar nicht gesundheitsschädlich, sorgen jedoch dafür, dass sich das Wasser bräunlich färbt. „Deswegen bringen wir Sauerstoff ins Wasser“, erklärt Peter Genzler, LSW-Teamleiter Wassergewinnung, den Aufbereitungsprozess. „Nachdem Eisen und Mangan oxidiert sind, können wir es mit Kiesfiltern abscheiden.“ Weil die LSW sich um die Filtration kümmert, bleibt unsere Wäsche blütenweiß.
Wertvoller Wassergroschen
Das ist doch eine klasse Frage für die nächste „Wer wird Millionär?“-Sendung: Was ist der niedersächsische Wassergroschen? Unser Grundwasser entsteht aus Niederschlag, der auch unter landwirtschaftlichen Flächen versickert. Damit wir klares, reines Wasser geliefert bekommen, haben Wasserversorger eine Kooperation mit der Landwirtschaft getroffen. In Zusammenarbeit mit den Landwirten lässt die LSW Düngepläne erstellen, Fruchtfolgen verbessern und durch Grundwasserproben den Erfolg messen. Für ihren Mehraufwand erhalten die Landwirte Ausgleichszahlungen. Finanziert werden sie aus Einnahmen der Wasserentnahmegebühr – dem sogenannten Wassergroschen.
Vollgefüllte Badewanne
In der norddeutschen Tiefebene haben wir das Glück, mit ergiebigen Grundwasserkörpern gesegnet zu sein. Im Gegensatz zu Flüssen und Seen, denen die Hitze der vergangenen Jahre sichtbar zu schaffen machte, bleiben die Hohlräume so gut gefüllt wie eine volle Badewanne. Große Sorgen müssen wir uns also nicht machen, dass wir einmal auf dem Trockenen sitzen werden. Warum wird dennoch dazu geraten, dass wir während längerer Heißwetterperioden den Wasserverbrauch besser nicht erhöhen sollten? „Trinkwasser ist existenzieller Grundstoff für das Leben, unsere wertvollste Ressource, die es zu schützen gilt. So appellieren wir zu einem bewussten Umgang, besonders wenn der Verbrauch witterungsbedingt stark ansteigt“, erklärt Dieter Rode, LSW-Bereichsleiter Wasser und Wärme. „Letztlich brauchen wir nicht zu geizen, dürfen das Trinkwasser jedoch auch nicht verschwenden.“ Übrigens: In Wolfsburg liegt der durchschnittliche Pro-Kopf-Wasserverbrauch bei ca. 121 Litern täglich.
Im Visier der Hydrogeologie
Fachleute aus Wasserwerk, Montage und Netzplanung: Ein großes Team trägt dafür Sorge, dass immer frisches Wasser aus dem Hahn sprudelt. Dieter Rode erläutert: „Grundsätzlich darf nicht mehr Wasser aus dem Grundwasserleiter entnommen werden als sich neu bildet. Dies ist in den Wasserrechten geregelt.“ Unverzichtbar ist die Arbeit von Hydrogeologen, die an vielen Beobachtungsbrunnen die Grundwasserqualität und auch die Grundwassermenge im Auge behalten. „Sie geben acht, dass unsere Entnahme des Grundwassers keinen Einfluss auf die Pflanzenwelt hat und alles im natürlichen Gleichgewicht bleibt“, legt der Bereichsleiter dar. „So können wir sicher sein, dass sich immer genug neues Grundwasser bildet und wir die Natur nicht überfordern.“
Auf dem Thron
Eine Million Liter Wasser kann das Wasserwerk Westerbeck in das Leitungsnetz pumpen, das Wasserwerk Rühen 600.000 Liter – stündlich wohlgemerkt. Morgens nach dem Aufstehen und nach dem Feierabend benötigen wir am meisten Wasser. Um diese Verbrauchsspitzen ausbalancieren zu können, erfüllt der Hochbehälter Nordsteimke eine wichtige Rolle. Hier wird das Wasser zwischengespeichert. Seinen Namen trägt er nicht von ungefähr. In 120 Meter Höhe thront er über der Stadt, damit das Wasser allein durch seinen Schweredruck zu den niedriger gelegenen Bestimmungsorten fließen kann. Das Gesamtvolumen des Hochbehälters: 45.000 Kubikmeter – das entspricht 45 Millionen Liter.
Auf einer langen Reise
Wo wir schon bei eindrucksvollen Zahlen sind: Unsere Stadt durchzieht ein 580 Kilometer langes Netz aus Wasserleitungen – und es wird immer größer, weil auch Wolfsburg wächst. Deswegen investiert die LSW in den Ausbau des Netzes und seinen fortwährenden Erhalt. Dass man beim Thema Wasser wirklich Weitsicht walten lassen muss, belegt folgende Zahl zum guten Schluss. Wenn am heutigen Tag ein Regentropfen im Erdboden versickert, dann macht er sich auf eine lange Reise, die erst im Grundwasserspeicher ihr Ende findet – nach 75 Jahren.
Stefan Boysen
Dieser Artikel ist ein Teil des Top Themas Natur pur der 13ten Ausgabe des Bürgermagazins. Weitere Artikel aus diesem Top Thema findet ihr hier:
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