Es scharrt leise aus der Kunststoffbox, unter dem Handtuch bewegt sich ein kleiner Körper. Man hört ein leises Niesen – doch das Geräusch stammt von Inge. Ein Rasentrimmer hat ihr die Nasenspitze abgetrennt, seitdem ringt sie hörbar nach Luft. Inge ist kein Einzelfall – fast 30 Igel haben in dieser Pflegestation von Stachelschutz Wolfsburg ein vorübergehendes Zuhause gefunden.
Denn bleiben sollen sie nicht. „Wir pflegen und versorgen Igel – verletzte, hilfsbedürftige oder verwaiste“, erklärt Celine. „Unser Ziel ist, die Tiere so weit aufzupäppeln, dass wir sie wieder auswildern können.“
Das Team hinter dem Stachelschutz
Celine bildet zusammen mit Lena und Nicole das Kernteam. Aktuell betreut der Stachelschutz rund 70 Igel in Wolfsburg. Die Tiere sind auf mehrere private Pflegestellen verteilt – wie diese hier. Eine Reihe von Boxen stehen nebeneinander, ausgelegt mit Zeitungspapier und Futterschälchen. Darin liegen Handtücher oder kleine Häuschen, die den Tieren als Rückzugsort dienen.
Vor allem die allerkleinsten Igel landen bei Nicole. „Wenn Säuglinge aufschlagen, die noch Aufzuchtmilch benötigen, dann kommen die meistens zu mir“, sagt sie. Die Überlebenschancen sind gering, wenn Jungtiere ohne Mutter gefunden werden, doch Nicole versucht es. Im Inkubator hält sie Wärme und Luftfeuchtigkeit konstant, in regelmäßigen Abständen gibt es den Muttermilchersatz – auch nachts.



Einsatz rund um die Uhr
Nicht nur wegen der Versorgung der Kleinsten, auch darüber hinaus ist die Arbeit extrem fordernd. Das Notfalltelefon kann rund um die Uhr klingeln, manchmal fährt das Team noch um zwei Uhr in der Nacht zu einem verletzten Tier. Schlafmangel und emotionale Belastung sind ständige Begleiter – besonders, wenn Igel trotz aller Mühe sterben.
Spontan ins Kino gehen? Fällt schwer. „Unsere Familien und Freunde müssen Verständnis haben, dass wir auch kurzfristig absagen. Wenn ein Notfall reinkommt, hat der Vorrang“, sagt Celine.
Mit Herz, Hand und Helfern
Celine, Lena und Nicole tragen die Hauptlast, doch ganz alleine stemmen sie die Arbeit nicht. Inzwischen gibt es rund zehn weitere Unterstützer, die langsam an die Pflege herangeführt werden. Sie befinden sich noch in der Lernphase – Umgang mit Tieren und Stresssituationen inklusive. „Bald sollen uns diese Helfer entlasten, damit die Aufgaben auf mehr Schultern verteilt werden können.“
Alles, was der Stachelschutz leistet, geschieht ehrenamtlich. Die drei arbeiten in Voll- oder Teilzeit, trotzdem investieren sie täglich viele Stunden in die Pflege der Tiere. „Ohne Tierliebe könnte man das nicht machen. Man geht mehrmals am Tag über seine Grenzen hinaus“, sagt Celine.
Wenn der Garten zur Gefahr wird
Im Jahresverlauf zeigt sich, wie vielfältig die Probleme der Igel sind. Im Frühjahr kommen viele geschwächt aus dem Winterschlaf, im Sommer häufen sich Verletzungen durch Gartengeräte. Ab August landen zahlreiche Jungtiere in der Pflegestation – und im Herbst gibt es viele Igel, die zu leicht für den Winterschlaf sind.
„Eigentlich kann man kaum noch von Haupt- und Nebensaison sprechen. Hilfe brauchen die Igel inzwischen das ganze Jahr über“, erzählt Celine. Insektensterben und versiegelte Schottergärten machen ihnen das Leben schwer.
Und dann ist da noch ein neuer Feind aufgetaucht: der Mähroboter, der oft in den Nachtstunden zum Einsatz kommt – also dann, wenn die Igel bevorzugt durch ihr Revier streifen. Für sie bedeuten die rotierenden Klingen eine tödliche Gefahr. Der Stachelschutz Wolfsburg rät: Mähroboter nur tagsüber und möglichst unter Aufsicht laufen lassen.
Mithelfen, damit Hilfe möglich bleibt
Die Pflege der Igel ist teuer. Durchschnittlich kostet ein Tier rund 80 bis 100 Euro, wenn es mehrere Wochen bleibt. Dazu kommen Medikamente und Tierarztkosten – und auch die notwendige Ausrüstung wie Inkubator oder Mikroskope. Letztere nutzen die Helfer, um Kotproben zu untersuchen und Parasitenbefall schnell und gezielt behandeln zu können.
Seit Anfang 2025 gibt es den Stachelschutz Wolfsburg. Anfänglich zahlte das Team vieles aus eigener Tasche, inzwischen tragen Spenden den größten Teil der Kosten. „Wir freuen uns über jede Unterstützung – auch kleine Beträge helfen uns weiter.“ Wer unterstützen möchte, findet auf der Website eine Amazon-Wunschliste mit Dingen für den täglichen Bedarf wie Aufzuchtmilch und Desinfektionsmittel sowie einen direkten PayPal-Link.
Joker – eine von vielen Geschichten
Was das Engagement bewirken kann, zeigt die Geschichte von Joker. Der junge Igel kam mit einer tiefen Schnittverletzung am Mund, ein Stück Kiefer fehlte. Normalerweise hätte man ihn eingeschläfert. Doch Celine, Lena und Nicole gaben ihm – wie so vielen anderen – eine Chance.
Dank Geduld und Behandlung heilt die Wunde langsam. Ob Joker je in die Freiheit zurückkehrt? Vielleicht hat er diesen Trumpf noch in der Hinterpfote.
Fünf Tipps vom Stachelschutz Wolfsburg: So gehst du richtig mit hilfsbedürftigen Igeln um
1. Igel sichern – nicht einfach liegen lassen
Ist ein Igel geschwächt oder verletzt unterwegs? Dann bitte in eine ausbruchsichere Box setzen – idealerweise mit Deckel oder hohem Rand.
2. Handschuhe tragen
Beim Hochheben immer Handschuhe benutzen – das schützt dich vor Parasiten und verringert den Stress für den Igel.
3. Kein Obst, keine Milch
Igel sind laktoseintolerant – Milch macht sie krank. Auch Obst wie Äpfel ist ungeeignet. Besser: frisches Wasser anbieten.
4. Geeignetes Futter geben
Im Notfall kannst du hochwertiges Katzen-Nassfutter geben (mindestens 60 Prozent Fleisch, keine Soße oder Jelly). Achtung: Viele Igelfutter-Produkte aus dem Handel sind ungeeignet, etwa wegen Nüssen oder Zuckerzusätzen.
5. Im Zweifel: Foto oder Video schicken
Unsicher, ob ein Igel wirklich Hilfe braucht? Ein Foto oder kurzes Video reicht, damit das Stachelschutz-Team schnell einschätzen kann, was zu tun ist. Lieber einmal zu viel fragen als zu spät handeln.








