Leonie und Angelique haben die Liebe fürs Leben gefunden. Im T‑Tanzstück. Zumindest ist das unser Eindruck, als wir sie zusammen mit ihrer Trainerin und amtierenden deutschen Meisterin Tanja Beutler zum Interview treffen, um uns mit ihnen über ihre große Leidenschaft, das Pole Dance, zu unterhalten. Aus dem Schwärmen kommen sie nämlich nicht mehr raus.
Pole Dance war früher mal im Rotlichtmilieu zu Hause, kommt aber eigentlich aus der chinesischen Luftakrobatik und ist heute längst anerkannter Sport. Da man hier allein mit seinem Eigengewicht arbeitet, erfordert es extreme Körperspannung und macht im Umkehrschluss ordentlich Muckis. „Es ist außergewöhnlich und erfordert sowohl Kraft und Koordination, als auch ästhetisches Verständnis“, so die 22-jährige Leonie, die seit fast sechseinhalb Jahren in Tanjas Studio T‑Tanzstück trainiert. „Ausschlaggebend ist aber auch das Team. Man übt zwar allein für sich, ist es aber nie. Man lernt immer neue Leute kennen, hilft sich gegenseitig“.
Das liegt vor allem am Konzept von Tanja Beutler. Insgesamt fast 300 Frauen und 3! Männer trainieren in den Studios in Wolfsburg und Braunschweig bis zu dreimal die Woche jeweils in kleinen Gruppen. 15 ausgebildete Trainerinnen geben dafür montags bis sonntags Kurse. Hier wird man angeleitet, lernt, wie man sich an der Stange hält, akrobatische Tricks in der Luft ausführt oder sich über Kopf von der Decke baumeln lässt. Da aber nur Übung den Meister macht, bietet das T‑Tanzstück darüber hinaus dreimal die Woche die „Playtime“ an. Die Studios stehen dann allen für je zwei Stunden offen, um das Gelernte unter Aufsicht eigenständig zu wiederholen. Weil man hier auch Pole Dancer aus anderen Gruppen trifft, kommt man schnell ins Gespräch und die Erfahreneren wie Leonie unterstützen Neulinge wie Angelique.
Die 26-Jährige ist seit gut neun Monaten dabei, war aber sofort Feuer und Flamme: „Pole Dance gibt einem unheimlich viel Selbstbewusstsein. Allein in den ersten Wochen habe ich so viel gelernt, bin fitter geworden, habe mehr Körperspannung“. Trainerin Tanja fügt hinzu: „Viele kommen zu uns und haben vorher noch nie Sport gemacht, sehen sich nicht gerne im Spiegel. Ohne kurze Hose geht’s bei uns aber nicht, sonst hat man nicht genügend Grip am Trainingsgerät. Wenn sie dann sehen, was sie alles schaffen können, wie elegant sie aussehen, das gibt vielen Mut“.
Tanja erlebte das selbst am eigenen Leib, als sie 2010 mit dem Pole Dance begann. Sie entschloss sich damals spontan für einen mehrwöchigen Pole Dance Kurs in
Hannover, war begeistert und wusste sofort: „Das ist mein Sport!“. Studios wie das T‑Tanzstück gab es in der Nähe damals noch nicht, also kaufte sie sich kurzerhand eine Stange, durfte diese nach einiger Überzeugungsarbeit im hiesigen Fitnessstudio montieren und trainierte alleine weiter. Das ungewöhnliche Sportgerät sorgte schnell für Aufsehen, also stellte sie weitere Poles auf, machte einen Trainerschein und begann zu unterrichten. Darunter als eine der Ersten die damals 14-jährige Leonie. „Und Mutti wartete immer am Rand.“, erinnert sich Leonie schmunzelnd. 2012 dann endlich die Eröffnung des T‑Tanzstück, damals noch in Hattorf. Ein Jahr später ging es ins Wohngebiet nach Ehmen. Die Nachfrage stieg rasant. 2014 folgte ein zweites Studio in Braunschweig. „Dort sind die Mitglieder ganz andere, mehr Studierende. In Wolfsburg trainieren vor allem Berufstätige, die Abend- und Wochenendkurse sind beliebter.“, so Tanja.
Zwei Studios waren der Wolfsburgerin jedoch nicht genug, es musste eine neue Herausforderung her. Zusammen mit ihrem Schützling Leonie und einigen weiteren aus ihrem Fortgeschrittenenkurs meldete sie sich 2018 zur deutschen Meisterschaft im Pole Dance an. „Das war eine ganz andere Hausnummer, ab sofort hieß es ‚Training rund um die Uhr‘“, erinnert sich Leonie. Extra-Krafttraining, Ausdauer-Einheiten, Unterricht von der vierfachen Weltmeisterin Yvonne Haug – Leistungssport. Es machte sich bezahlt. Tanja wurde 2018 zur deutschen Meisterin gekürt, Leonie verpasste mit dem vierten Platz nur knapp das Treppchen. Den Titel verteidigen wolle Tanja aber erstmal nicht, das überlässt sie dieses Jahr ihren Schützlingen. Zu groß das Trainingspensum, zu wenig Zeit bleibe ihr für die Arbeit in den Studios. Dass sie es kann, hat sie ja ohnehin längst bewiesen.
Und zu tun gibt es beim T‑Tanzstück im Moment auf jeden Fall genug! Im April gings vom viel zu klein gewordenen Studio in Ehmen in eine größere Halle in die Borsigstraße! Auf 250 m² kann Tanja hier ab sofort nicht nur mehr Mitglieder betreuen, eine höhere Deckenhöhe erlaubt es auch, weitere Sportarten aus der Luftakrobatik anzubieten, und zwar Aerial Hoop, Aerial Yoga und Aerial Silks. Neben Übungen an der Pole Dance-Stange kann man sich in Wolfsburg ab sofort also auch mit an der Decke befestigten Ringen bzw. Tüchern so richtig auspowern. Training mit Aussicht sozusagen.
Kontakt: T‑Tanzstück, Borsigstraße 41, 38446 Wolfsburg, Tel.: 0178 169 79 00, t‑tanzstueck.de