Das „Hallenbad“ in Wolfsburg bietet seit Neuestem Virtual Reality (VR) mit sogenannten VR-Brillen an. Während bisher die nahezu perfekten Illusionen von fremden Welten oder fernen Zeiten nur auf Konsolen erlebbar waren, holen Filme dank VR-Technik ein größeres Publikum mitten ins Geschehen. Die speziellen Brillen dazu sind heute erschwinglich und somit einer breiteren Masse zugänglich. So nun auch in Wolfsburg.
Eine aktuelle Anwendung ist ihr Einsatz im Edutainment. Das heißt, Erwachsene und Kinder können mithilfe von VR-Brillen Dinge erleben, die ihnen vorher vielleicht verwehrt waren: unzugängliche Architektur von innen zu entdecken oder Landschaften, die sie nie bereist hätten. Dreißig neue Brillen liegen nun für Schulklassen bereit.
Sozialpädagoge Lars Hung und Erzieherin Claudia Kell vom Team des Hallenbads am Schachtweg schwärmen bereits jetzt von den Möglichkeiten. Sie setzen auf das intensive Mittendrin-Gefühl, das neue Lernanreize in Gang setzt. Keine Ablenkung von anderen, man ist aufgrund der Kopfhörer mit sich allein und – staunt. Zurzeit ist ein kurzweiliger Besuch im Anne Frank House in Amsterdam in sieben Sprachen im Angebot. Das Thema ist hinlänglich bekannt, aber wie Anne Frank im Amsterdamer Hinterhaus gelebt und was sie gedacht hat, wie die Räume aussahen, in denen sie zwei Jahre verbrachte, mit wem sie sprach, was sie aufschrieb, das alles erlebt man durch die VR-Brille beim virtuellen Rundgang durch das Museum.
Wie funktioniert das VR-Erlebnis im Hallenbad?
Brille auf und los geht’s. Im Raum poppen Symbole auf, die mithilfe einer Art Joystick zum Anklicken animieren. Daraufhin öffnen sich Türen ins nächste Kämmerchen oder man klettert eine steile Bodentreppe hoch – alles im Sitzen. Wie im echten Leben muss der Kopf dorthin bewegt werden, wo die Augen hinschauen möchten. Per Klick auf große Anführungszeichen erscheinen Zitate aus Annes Tagebuch wie auf einem unsichtbaren Vorhang im Raum. Oder man zoomt sich besondere Gegenstände, beispielsweise ein vergilbten Foto, heran. „Intuitiv zu bedienen, zum Anfassen nah, intensiv und spannend für Menschen jeden Alters.“ So fasst Claudia Kell das neue Seherlebnis zusammen.
„Wir sind überzeugt, dass neue Medien erfolgreich Inhalte vermitteln können. Und gerade jetzt ist das Medium VR-Brille noch brandheiß“, sagt Lars Hung. Deshalb wandten sich die beiden Betreuer an den Kulturkreis Hallenbad e. V., der sich um Fördergelder vom Bundesprogramm „Demokratie leben!“ kümmerte. Nur acht Wochen später konnten die ersten Schulen angesprochen werden. Die Abteilung Jugendförderung des Geschäftsbereichs Jugend der Stadt Wolfsburg, die mit dem Hallenbad zusammen als „Youth and Culture“ agiert, unterstützt die Aktion. Bei einer Preview anlässlich des Holocaust-Gedenktages testeten ausgewählte Gäste die VR-Brillen erstmalig. In Zukunft können sich Schulklassen, Jugendgruppen und Vereine sowie Wolfsburger Bürger beim Hallenbad melden, um einen Blick in virtuelle Welten zu wagen – ganz bequem von Kinosessel aus.
Beate Ziehres