Die kleine Hexe
Endlich ein Hexenwerk
Was lange währt, wird endlich gut: Am 19. November feiert das Weihnachtsmärchen „Die kleine Hexe“ im Scharoun Theater Wolfsburg seine Premiere – im zweiten Versuch. Regie führt Rainer Steinkamp, der viele Jahre die Geschicke des Theaters erfolgreich gelenkt hat. Im Interview erzählt er, warum wir uns auf das Stück freuen dürfen, wodurch sich das Wolfsburger Publikum auszeichnet – und was Kinder den Erwachsenen voraushaben.
Herr Steinkamp, vor gut einem Jahr bescherte das Theater Wolfsburg Ihnen mit einer großen Show einen glanzvollen Abschied. Mit welchen Gefühlen kehrt der ehemalige Intendant an seine alte Wirkungsstätte zurück?
Mit sehr guten. Ich freue mich auf die Stadt, in der ich fast 13 Jahre sehr gerne gelebt habe. Und ich freue mich darauf, das Theater und viele Menschen wiederzusehen, darunter natürlich die Schauspieler.
Damals wurde die Aufführung des Weihnachtsmärchens von der Pandemie jäh gestoppt. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Zuerst war die Motivation raus, weil wir so lange auf unser Ziel hingearbeitet hatten. Dann haben wir uns gesagt: Lasst uns gemeinsam Spaß haben und zumindest eine gute Generalprobe machen. Obwohl es ein bisschen seltsam war, beim Theaterspielen Abstand zu halten, ist die dann gut gelaufen. Deswegen wussten wir jetzt: Wir brauchen zwei, drei Wochen, um Musik, Tanz und Szenen zu proben und „Die kleine Hexe“ wieder aufzunehmen – und dann schaffen wir auch eine gute Premiere.
„Die kleine Hexe“ von Otfried Preußler ist 60 Jahre alt. Was hat uns die Geschichte heute noch zu erzählen?
Zum einen sollen wir so mutig sein, im guten Sinn Regeln zu hinterfragen, wenn wir anderer Überzeugung sind. Und zum anderen geht es um die Frage, was gut und was böse ist. Die kleine Hexe will ja eine gute Hexe sein, um mit den anderen Hexen auf dem Blocksberg tanzen zu dürfen – doch für die ist eine Hexe nur dann gut, wenn sie Böses tut. Ob es die kleine Hexe schaffen wird, die Hexen mit ihren Regeln zu schlagen, macht die Geschichte so spannend.
Was ist Ihre Lieblingsszene?
Es gibt eine sehr schöne Szene, in der die kleine Hexe zuerst dem Maronimann hilft, dass er nicht frieren muss. Und im Anschluss steht sie zwei Kindern zur Seite, damit die bösen Jungs den Schneemann nicht kaputt machen. Die Szene ist auch optisch toll, weil sie in einer Winterlandschaft spielt und es im Theater schneit.
Worin liegt der Reiz, vor Kindern Theater zu spielen?
Erwachsene schalten häufig ihren Intellekt ein und sagen: Ach, das ist ja nur ein Theaterstück. Kinder dagegen können viel besser in gespielte Situationen eintauchen und mitfiebern. Für sie ist das, was in dem Moment auf der Bühne passiert, die Realität.
Gibt es von den Kindern ein Feedback?
Häufig schreiben oder malen uns die Kinder etwas. Am interessantesten für die Kinder sind natürlich die Schauspieler. Wenn es eine öffentliche Probe gibt, können die Kinder sie in Kostümen und Masken hautnah erleben und im Foyer mit ihnen sprechen.
Warum ist das Scharoun Theater Wolfsburg ein schöner Ort zum Spielen?
Zum einen wegen des wunderbaren Gebäudes, das den Zuschauer mit ausgebreiteten Armen empfängt. Zum anderen ist das Theater in Wolfsburg unter den Häusern, die kein eigenes Ensemble haben, eines der größten im deutschsprachigen Raum. Das eröffnet die Chance, herausragende Produktionen einzuladen und auch mit festen oder freien Theatern gemeinsame Stücke zu entwickeln. Das ist eine sehr spannende und schöne Situation. Wolfsburg hat auch eine erstaunlich hohe Abonnentenzahl, das Publikum ist seinem Theater sehr treu.
Zu guter Letzt: Warum sollten wir es uns nicht entgehen lassen, „Die kleine Hexe“ anzuschauen?
Weil es eine wunderschöne, poetische, spannende und witzige Aufführung ist, die Kindern, Eltern und Lehrern ganz viel Spaß macht.
Stefan Boysen
Der Stoff, aus dem das Stück ist
Seit 36 Jahren schneidert Christel Zelder die Kostüme für das Wolfsburger Weihnachtsmärchen. Premiere feierte die 73-Jährige 1985 mit dem gestiefelten Kater.
„In der Regel gibt es die Kostüme ja schon. Deswegen bin ich dafür zuständig, sie für die Schauspieler passend zu machen oder auch ein bisschen aufzumöbeln. So sind durch mich die Kleider der kleinen Hexe flippiger geworden, und dem Raben habe ich eine neue Hose verpasst. In all den Jahren habe ich mir keine ganze Vorstellung angeschaut, sondern immer nur ein paar Minuten zwischendurch. Hinter der Bühne lege ich die Kleidung für die Kostümwechsel bereit, dazu helfe ich den Schauspielern beim Umziehen. Das kann ziemlich kompliziert sein bei all den Verschlüssen und Gürteln. Seit Jahren sage ich schon: Das ist mein letztes Weihnachtsmärchen, ich höre auf. Dieses Mal ist nun wirklich Schluss – zumindest vielleicht.“
Schneemann mit Schlagkraft
Katharina Huster kommt aus Wolfsburg und ist seit Jahren Mitglied in der Jugendgruppe des Jungen Theaters. Im Weihnachtsmärchen spielt die 19-Jährige die Rolle des Schneemanns.
„Mir kommt die schöne Aufgabe zu, verhext zu werden und die bösen Buben zu verhauen. Weil ich klein genug bin, passe ich perfekt in mein Kostüm hinein. Wenn der Schneemann dann auf die Bühne geschoben wird, erkennen viele nicht, dass da tatsächlich jemand drinsteckt – doch dann erwacht er plötzlich zum Leben… Ich glaube nicht, dass ich während der Aufführungen aufgeregt sein werde, und doch ist das Weihnachtsmärchen etwas ganz Besonderes für mich. Immerhin werde ich auf der großen Bühne mit vielen zusammenspielen dürfen, die aus richtigen Schauspielschulen kommen. Alle sind cool, es macht mir viel Spaß.“
Clevere, hilfsbereite Kämpferin
Nina Damaschke spielt Theater und ist in Film- und TV-Produktionen zu sehen. Für das Weihnachtsmärchen schlüpft die 42-Jährige in die Titelrolle.
„Ich freue mich sehr auf die Aufführungen. Was mich an der Figur der kleinen Hexe so fasziniert: Sie ist eine richtige Kämpferin. Doch will sie ihr Ziel nicht mit ausgefahrenen Ellenbogen erreichen, sondern mit ihrer eigenen Art: mit Humor und Cleverness, mit Leichtigkeit und Hilfsbereitschaft. Weil im Publikum viele Kinder sitzen werden, wird die Energie ganz besonders hoch sein. Auf der Bühne bekommen wir ganz genau mit, wenn sie begeistert oder auch ein klein wenig ängstlich sind, weil sie ja alles kommentieren. Es ist immer der absolute Wahnsinn zu spüren, wie nah dran die Kinder an unserer Geschichte sind.“
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