Vom Getreidesamen zum Brot
Was hat der Mensch von all seinem Wissen, wenn er nicht weiß, wo das Brot herkommt?
Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827), Pädagoge und Schulreformer
Michaela Hasenpusch weiß genau, wo ihr Mehl herkommt – für das Brot, das sie in ihrer Backschule daraus backt. Ich besuche die Inhaberin der Backschule „Korn & Kruste“ in der restaurierten historischen Stallung auf Gut Büstedt, die sie seit 2021 betreibt.
Die Backschule ist nicht ohne die Kornmühle zu denken, die die Familie Schwartzkopff für ihre Getreide neu angeschafft hat und die blitzeblank im Nebenraum steht. Seit 125 Jahren betreiben die Schwartzkopffs nachhaltige Landwirtschaft auf den umliegenden 350 ha großen Feldern ihres Guts Büstedt. Und seit 2019 besteht die Kooperation zwischen Familie Schwartzkopff und Michaela Hasenpusch.
Wie alles begann
Wie kam es zu diesem Schritt der 45-Jährigen, die seit rund 20 Jahren in Wolfsburg lebt und arbeitet? Das ist schnell erzählt, denn Michaela Hasenpusch war sowieso schon immer eine begeisterte Hobbybäckerin, zeitweise auch mit eigenem Laden. Als sie krankheitsbedingt auf bestimmte Inhaltsstoffe von maschinell hergestelltem Brot verzichten musste, beschäftigte sie sich mit dem Backen von gesundem Brot. Da war der Schritt zum Vermitteln des Brotbackens nicht weit.
2019 ging es los. Es wurden Förderanträge zur Umnutzung einer stillgelegten Stallung in eine gewerbliche Nutzung gestellt. Das Konzept ist so einfach wie einmalig, erzählt Michaela Hasenpusch, nämlich „die Wertschöpfungskette vom Samen bis hin zum fertigen Lebensmittel abzubilden“. Hasenpusch ist stolz darauf, dass dieses Konzept in Deutschland, Österreich und in der Schweiz einzigartig ist. Dies bestätigte ihr vor Kurzem der Mühlenverband.
Urgetreide sind wieder im Kommen
Kommen wir zum verwendeten Getreide, was für viele Brotesser unterdessen ein wichtiges Thema ist. Das Gut Büstedt baut fünf Getreidesorten an: Weizen, Roggen, Dinkel, Emmer und Einkorn. Die beiden letztgenannten Sorten sind Urgetreide, die seit rund zehn Jahren ein Revival feiern. Die Brotspezialistin beschreibt sie in ihrer genetischen Herkunft als die „Urgroßeltern“ von Dinkel und Weizen.
Der Unterschied beim Ertrag von Weizen zu Einkorn lässt sich sehr gut veranschaulichen. Während Weizen pro Ähre rund 80 Körner hervorbringt, sind es beim Einkorn erheblich weniger. Zwar mehr als der Name verrät, aber an einem Einkornhalm wachsen rund zwanzig Körner. Die Urgetreide lassen sich besser verstoffwechseln, was gesünder ist und über den Tag satter macht, erzählt Michaela Hasenpusch.
Das Mehl von Gut Büstedt entsteht aus dem vollen Korn, das heißt, die Schale, der Keimling und der Mehlkörper werden zusammen vermahlen. Dadurch hat das Mehl mehr Nährwert, das Brot wird haltbarer durch die enthaltenen Öle und die Kruste aromatischer. Das Mehl an sich ist etwas weniger lang haltbar – ca. 6 bis 7 Monate – aber dazu muss es ja nicht kommen.
Das Mehl in der Backschule hat gar keine Zeit, schlecht zu werden, denn Michaela Hasenpusch bietet durchschnittlich um die 60 Backkurse im Jahr an. Sie dauern vier Stunden und werden von Privatleuten oder als Teambuilding-Maßnahmen gern besucht. Übrigens nehmen rund 40 % männliche Interessenten an den überaus beliebten Backkursen teil. Vom Kioskbesitzer bis zur Ärztin sind alle Gesellschaftsschichten vertreten. Manch einer oder eine kommt auch über einen Gutschein zum Backgenuss.
Das Kursangebot – von deftig bis süß
Und welche Kurse kann man anderen oder sich selbst schenken? Der beliebteste Kurs ist „Rustikale Broten mit Sauerteig“ gefolgt von „Brote des Südens“ und Brötchenbacken. Aber auch süße Variationen werden bedient: Käsekuchen, New-York-Cheesecake und Macarons gibt’s im Angebot. Alle Kurse kosten 99 Euro und beinhalten neben den Kursinhalten auch Verpflegung und ein Rezept-Booklet. Alles gemanagt von der Kauffrau und Eventmanagerin von ihrem Büro in Wolfsburg aus.
Apropos Kursinhalte: Die Profibackfrau vermittelt en passent und sehr engagiert ihr Wissen über Teige, Mehle und das Mahlen an sich. Begeistert erzählt sie mir vom Weltkulturerbe Brot; ganze 3.200 Sorten Brot gibt es in Deutschland! Und sie schwärmt von Sauerteig, der über lange Jahre ein Begleiter im heimischen Kühlschrank sein kann. Ich kenne ihn noch aus Studienzeiten; damals hieß unser Sauerteig „Hermann“. Er wurde von WG zu WG weiterverschenkt, versehen mit einem Hermann-Brief als Anleitung zum „Füttern“ des Teiges. Was ich nicht wusste: Warum man eigentlich selbst backen sollte, auch wenn die Brötchen vom Discounter einem auch zusagen. Es hat mit Verträglichkeit, Inhaltsstoffen und dem folgenden Sättigungsgefühl zu tun. Und natürlich – nicht zu vergessen – mit dem guten Gefühl, das Brot selbst gebacken zu haben.
Zu Hause backen – einfach gemacht
Und was ist, wenn den Kursteilnehmenden das Brot so gut geschmeckt hat, dass sie es zu Hause nachbacken möchten? Ganz einfach: Das Mehl kann – bei einer Besichtigung und Erklärung der Funktionsweise der Kornmühle – gleich mitgenommen werden. Wer nun keinen Kurs mitgemacht hat, bekommt das Büstedter Mehl vom Regionalen Hofmobil in Wolfsburg oder seit Neuestem auch im Wolfsburg-Shop. Dort kann man ab sofort die unterschiedlichen Mehlsorten und ab November Brotbackmischungen und Geschenkesets kaufen und sich zu Hause einfach vom Ergebnis des Backens überraschen lassen. Michaela Hasenpusch ist überzeugt, dass die appetitlich verpackten Brotmischungen in der unvermeidlich nahenden Weihnachtssaison viele Abnehmer finden wird. Da stimme ich ihr unumwunden zu.
Gut zu wissen: Das verschiedenen Mehlsorten, aus der Kornmühle der Familie Schwartzkopff, sind auch direkt in Wolfsburg, im Wolfsburg Store gegenüber vom Hauptbahnhof Wolfsburg, erhältlich.
Bärbel Mäkeler
10 / 2024
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