Ab in die Unterwelt
Es müffelt. Nicht schlimm, aber es muffelt. Die Augen müssen sich erst an die Dunkelheit gewöhnen, die stimmen werden von den dicken, düsteren Wänden verschluckt und die Füße treten in kleine Wasserpfützen. Ein bisschen unheimlich ist es. Zumindest dann, wenn man zum ersten Mal hier im Düker ist. So wie wir.
An diesem dunklen Ort, ein paar Meter unter der Erde, kennen sich die beiden gut aus. Sie sind Kollegen bei den Wolfsburger Entwässerungsbetrieben (WEB) und häufig hier. Gesichert durch Seil, Gurt und Karabiner sind wir kurz zuvor durch die enge Einstiegsöffnung geschlüpft und über eine Leiter in die Tiefe hinabgeklettert. Unten angekommen, starten wir die Mission für diesen Tag: den Kontrollgang durch den Düker der Stadt.
Übrigens, der Düker ist dazu da, den Mittellandkanal zu unterqueren. Unser Blick geht in den langen Tunnel, zumindest so weit der Schein der Taschenlampe reicht. Knapp dreihundert Meter schlängelt sich der Düker dahin. Gegen den Schmutz tragen wir einen Schutzanzug und Handschuhe, für bessere Sicht eine Lampe am Helm.
Die WEB sind zuständig für die Abwasserentsorgung, und der Düker beherbergt zwei mächtige Leitungen aus Stahl, die schmutziges Wasser zum Klärwerk führen. Regelmäßig müssen die Rohre auf Lecks geprüft werden und sicher zu gehen, dass alles in Ordnung ist.
Im Düker herrscht echter „Luxus“. Die Unterquerung des Mittellandkanals ist fast zwei Meter hoch und dreieinhalb Meter breit. Das ist viel Platz – viel mehr als in den anderen Kanälen, die sich unter der Stadt ihren Weg durch die Erde bahnen. Dort setzt die WEB Kamera- und Spülwagen ein, um ihren Zustand zu kontrollieren und sie zu säubern. Mehr als tausend Kilometer ist das Wolfsburger Kanalisationsnetz lang.
Die Schachtabdeckungen – kurz: Gullydeckel – bieten Zugang zum Kanalsystem. Sie instand zu halten, zählt auch zu den Aufgaben von Burkhard und Matthias. In der Stadt Wolfsburg gibt es sage und schreibe ca. 22.000 davon. Unter den Deckeln finden die Mitarbeiter der WEB immer wieder Dinge, die da nicht hingehören – einmal sogar eine Bettmatratze. Ernsthaft! Das muss nicht sein.
Auch das Abwasser wird zweckentfremdet. Hier landen nicht nur Fäkalien und Toilettenpapier, wie es sein soll. Sondern auch Kondome, Tampons, Windeln und Wattestäbchen, die über die Toilette entsorgt werden. Und feuchtes Toilettenpapier, das sich nicht wie herkömmliches Papier nach Kontakt mit dem Abwasser in kurzer Zeit zersetzt.
Jeden Tag fischen die Rechen der Kläranlagen jede Menge Müll aus dem Abwasser. Abfall, der die Rohre und die Pumpen verstopft.
„Auch wenn man vieles nicht sieht, weil es unter der Erde geschieht: Wir betreiben einen großen Aufwand, damit das Abwassersystem funktioniert. Jedem sollte bewusst sein, dass die Kanalisation für unsere Stadt einen hohen Wert hat.“
Mitarbeiter der WEB
Heute haben wir Glück und im Düker ist alles in Ordnung. Darum, geht es wieder an die Oberfläche – ans Tageslicht. Und wir können nur Danke sagen, an die Mitarbeiter*innen der WEB für die wichtige Arbeit, die sie jeden Tag leisten. Seit heute wissen wir es mehr denn je zu schätzen.
Stefan Boysen / Jasmin Guss
Titelbild ©WMG Foto: S. Dorbrietz