Mona Eisenberg bei der Essensausgabe der Wolfsburger Tafel

Wolfs­burger Tafel

Ehrenamt? Ist doch Ehrensache!

Immerzu Kaffee­klatsch, meint Mona Eisenberg, mache auch keinen Spaß. Da sei es doch viel besser, einen Teil seiner Freizeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu verwenden. „Ich habe viel Glück gehabt in meinem Leben“, sagt sie, „davon möchte ich etwas zurück­geben.“ Sie widmet ihre Aufmerk­sam­keit Menschen, die Hilfe brauchen – im Auftrag der Wolfs­burger Tafel.

Es ist Donners­tag­vor­mittag, kurz nach 10 Uhr, und bei der Wolfs­burger Tafel geht’s ziemlich bunt zu. Vor Mona Eisenberg stehen Obst- und Gemüse­kisten, die mit orange­far­benen Karotten und roten Tomaten, mit gelben Bananen und grünen Äpfeln gefüllt sind. Sie sind die Ausbeute des heutigen Tages: Lebens­mittel, die der Klein­trans­porter der Wolfs­burger Tafel vor wenigen Minuten in der Kleist­straße abgelie­fert hat. Die Kost, darunter auch Fleisch und Fertig­ge­richte, Eier, Joghurt und Käse, hat das Tafel-Team von Super­märkten, Bäcke­reien & Co. einge­sam­melt. Überschüs­sige Ware, die nicht mehr gebraucht wird und quali­tativ einwand­frei ist.

Mona Eisenberg zählt zu einer Reihe von Ehren­amt­li­chen, die der Wolfs­burger Tafel bei ihrer Mission zur Seite stehen, die da lautet: Essen an sozial und wirtschaft­lich benach­tei­ligte Wolfsburger*innen zu verteilen. „Meine Aufgabe ist es, Beutel mit Brot zu bepacken und sie auszu­geben.“ Die 72-Jährige sortiert und zerschneidet Brötchen, Fladen­brote und Berliner und füllt die Backwaren in kleine Plastik­tüt­chen. Viel kommt heute nicht zusammen. „Was das Brot betrifft, ist es ein eher trauriger Tag“, urteilt sie.

Die Beweg­gründe für ihr Engagement

Mona Eisenberg ist Friseur­meis­terin und hatte in Vorsfelde einen eigenen Laden geleitet. Als sie vor acht Jahren in Rente ging, sagte sie zu sich: „Was will ich nun mit meinem Leben anfangen? Ich habe etwas gesucht, was mir das Gefühl gibt, etwas Gutes zu tun.“ Nicht nur, dass sie mittler­weile bei der Wolfs­burger Tafel mit anpackt. Sie engagiert sich auch in Äthiopien für Frauen in Not und schneidet bedürf­tigen Menschen einmal im Monat kostenlos die Haare – wenn sie gebraucht wird auch an Heilig­abend und Silvester. „Früher habe ich an diesen Tagen auch gearbeitet, das ist kein Problem für mich.“

Zur Mittags­zeit bildet sich vor der Tür auf dem Hof der Tafel eine Schlange aus Wartenden, die leere Taschen bei sich tragen. In kleinen Gruppen treten sie ein und vor die Tische mit den Lebens­mit­teln – auch vor jenen von Mona Eisenberg, die die Brotbeutel an sie austeilt. Rund hundert Kunden*innen sind es heute, und jede*r zahlt einen Euro für ihr*sein Essen. Diese verhält­nis­mäßig kleine Summe sei wichtig für deren Selbst­wert­ge­fühl und auch für die Wolfs­burger Tafel selbst, erzählt Tafel-Vorsit­zende Elke Zitzke, die Hälfte seines Etats speise der gemein­nüt­zige Verein aus diesem Geld. Bei den Lebens­mit­tel­spenden seien es etwas mehr als 50 Wolfs­burger Geschäfte, die mitmachen würden. „Ich danke allen Spende­rinnen und Spendern, ob groß oder klein“, sagt Elke Zitzke. „Jede*r von ihnen ist gerne gesehen, denn ohne sie könnten wir unsere Arbeit nicht leisten.“

Mit Spaß bei der Sache

Wenn der Andrang an den Waren­ti­schen groß und die Zeit knapp ist, kann die Arbeit stressig sein. Dafür geht’s mit Anne, Rosi, Inge und den anderen Ehren­amt­li­chen ziemlich gesellig zu. „Wir von der Donners­tags­truppe verstehen uns unter­ein­ander sehr gut und lachen viel zusammen“, sagt Mona Eisenberg. Die aller­meisten Kunden*innen, betont sie, sind freund­lich sowie ihr und dem ganzen Team der Tafel aufrichtig dankbar. Warum denn die Auswahl heute so mickrig sei? Auch solche Sprüche gibt es. Dann kontert sie freund­lich, aber bestimmt, dass sie eben nur das verteilen kann, was andere abgeben. Mona Eisenberg weiß sich zu wehren, „wir sind ja keine Opferlämmer“.

Es ist kurz vor 15 Uhr, als alles aufge­räumt ist und Mona Eisenberg ihr Ehrenamt bei der Wolfs­burger Tafel für heute an den Nagel hängt. Bis zum nächsten Donnerstag. Für sie ist es Ehren­sache, sich weiter für andere einzu­setzen. „Auf keinen Fall höre ich damit auf. Ich werde weiter­ma­chen, solange ich kann.“

Stefan Boysen

Titelbild: © WMG, Thomas Koschel

DEIN WOLFSBURG, 2019

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