Unser Wohnzimmer im Grünen
Teil 2 des Topthemas „Zusammen sind wir Wolfsburg“
Ein Garten ist ein großes Glück. Die Blumen bereiten Freude, die Bäume spenden Schatten und die Gemüsebeete bescheren eine ergiebige Ernte. Um unter dem freien Himmel im Grünen eine gute Zeit zu haben, lädt man gerne seine Freunde zu sich ein. Wer jetzt denkt, dass solch ein Garten genau das Richtige für ihn wäre, dem sei gesagt: Du hast ihn doch. Willkommen beim wurzelwerk zum gemeinschaftlichen Gärtnern.
In den großen Städten liegt Urban Gardening* voll im Trend und so auch in Wolfsburg. Doch das wurzelwerk, ein Projekt unter dem Vereinsdach des institut für zukünfte e. V. (ifz), setzt mit seinen bunten Beeten im Stormhof noch einen drauf. Nicht nur, dass auf rund 70 Quadratmetern Tomaten und Gurken oder Kartoffeln und Beeren angebaut werden. Für das Hegen und Pflegen der beiden Parzellen, die die Wohnungsgesellschaft Neuland dem wurzelwerk anvertraut hat, sind sehr, sehr viele verantwortlich: im Prinzip alle Wolfsburgerinnen und Wolfsburger.
„Wir sind ein Gemeinschaftsgarten, zu dem alle aus Wolfsburg einen Teil beitragen können“, sagt Linda Krüger, die dem Vereinsvorstand angehört. Wenn der Frühling gekommen ist, treffen sich jeden Montag um 18 Uhr all diejenigen, die graben, säen und gießen möchten – und die Ernte einfahren. Das Motto lautet: „Wer mitgärtnert, der darf auch miternten“, sagt die 25-Jährige. Für die meisten ist der Ertrag eher zweitrangig. „Vielen geht es zuallererst um das gemeinschaftliche Erlebnis und darum, draußen in der Natur zu sein.“
Die Sitzgelegenheiten und Tische machen den Garten zum Ort der Begegnung bei Picknick-Konzerten, Lesungen oder kreativen Bastelaktionen. Für die Künstler unserer Stadt ist er eine attraktive Bühne und für jeden ein schöner Flecken Erde. „Auch wer sich nicht aktiv am Gelingen beteiligt, darf sich hier umgucken, zuhören oder ein Buch lesen. Die Tür steht allen jederzeit offen“, sagt Linda Krüger. Für sie ist der Garten „ein Ort des guten Lebens“.
Das institut für zukünfte will Nachdenkspielräume formen, in denen wir uns Gedanken darüber machen, wie unsere Welt von morgen aussehen könnte – gesellschaftlich, kulturell und wirtschaftlich. Der Garten ist ein solcher Raum. Die Infotafeln setzen sich mit Ernährung und Naturschutz auseinander und damit, wie unser Konsumverhalten die Umwelt beeinflusst. „Wir möchten nicht den Finger heben, sondern Informationen bereitstellen“, sagt Linda Krüger. „Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir unsere Zukunft gestalten können.“
Im Garten für alle wächst und reift mehr als Gemüse und Obst – nämlich die innere Verbundenheit mit den Mitmenschen, kurz: das Gemeinschaftsgefühl. Alle zusammen erfüllen eine wichtige Aufgabe, nämlich das Aufblühen des Gartens. Währenddessen wird übers Düngen und Pflanzen geredet und über Gott und die Welt. Dass dabei unterschiedliche Meinungen zutage treten, liegt in der Natur der Sache – und doch haben alle einen gemeinsamen Nährboden. „Für ihren Garten arbeiten alle zusammen, er ist die Basis. Vielen wird dabei bewusst: So weit liegen wir mit dem, was wir denken, eigentlich gar nicht auseinander.“
Der grüne Daumen ist Nebensache. „Wir sind keine Gartenexperten“, betont Linda Krüger, „zusammen haben wir Erfolge und manchmal auch Misserfolge, aus denen wir lernen.“ Im Garten ist viel Raum, und es gibt eine Fülle an Möglichkeiten, darin seinen Platz zu finden. Dabei kann man Spaten, Hacke und Gießkanne benutzen, muss man aber nicht. „Wenn jemand gut im Malen ist und es anderen beibringen möchte oder eine andere tolle Idee hat, dann kann der Garten der richtige Ort dafür sein.“
Ganz gleich, ob zum Gärtnern oder Zuschauen, zum Reden oder Ausruhen – die herzliche Einladung von Linda Krüger lautet: „Einfach vorbeikommen, ausprobieren, mitmachen.“
Stefan Boysen
Kontakt
www.institutfuerzukuenfte.de/wurzelwerk
*Unter ‚Urban Gardening‘ versteht man, dass brachliegende, freie Flächen innerhalb von Städten zum gemeinschaftlichen und nachhaltigen Anbau von Nutz- und Zierpflanzen für den Eigenbedarf genutzt werden.
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