Im Gespräch mit VfL Greenkeeper Philipp Greve
Grün, dichtwachsend, trittfest, belastbar, die Grashalme nicht zu kurz und nicht zu lang, dafür sorgen beim VfL Wolfsburg ein Head- und drei Greenkeeper, sowie vier Platzwarte, ein Mechaniker und elf Aushilfen in und um die Volkswagen Arena.
Die Rasenspielfelder sind oft höchsten Belastungen ausgesetzt. Darüber hinaus unterliegen sie individuellen Bedingungen, die das Erscheinungsbild und die Qualität des Rasens beeinflussen, wie z. B. Stadionarchitektur, Klima, Schattenwurf, Belüftung, etc. Die Pflege der Rasenfläche ist daher eine Herausforderung für die speziell ausgebildeten Fußball-Greenkeeper.
Ich treffe mich mit Philipp Greve. Er ist seit 2016 Greenkeeper beim VfL Wolfsburg und natürlich im Zeitdruck, daher legen wir gleich los mit dem Interview.
Hallo Philipp!
Um wieviel Uhr beginnt Dein Arbeitstag?
Mein Arbeitstag beginnt morgens um 7:00.
Wie sieht Deine tägliche Routine aus?
Der erste, der morgens zur Arbeit kommt, macht immer zuerst die Kaffeemaschine an (lacht). Danach schaue ich meine Mails durch und passe den Tagesplan an, falls sich das Wetter geändert haben sollte. Daraufhin gehe ich über alle Plätze, um mir den Rasen genau anzuschauen und unterstütze dann die Jungs bei der Arbeit.
Was ist das Besondere am VfL-Rasen?
Es handelt sich um einen Hybridrasen. Dieser besteht aus Kunst- und Naturrasen. Der Vorteil ist, dass der Hybridrasen aus beidem das Beste vereint: Nachhaltigkeit ist uns extrem wichtig – das bietet der Teil des Naturrasens. Der künstliche Teil dagegen sorgt für die Stabilität. Er ist belastbarer und unempfindlicher als der Naturrasen.
Verwendet Ihr ein spezielles Saatgut?
Ja, wir haben sowohl im Sommer als auch im Winter extra behandeltes Saatgut, um Rasenkrankheiten vorzubeugen, die für diese Jahreszeiten typisch sind.
Wie bekommt Ihr die Streifenoptik auf der Rasenfläche?
Das ist ganz einfach – man fährt mit dem Rasenmäher erst in die eine Richtung und zurück dann in die andere (schmunzelt). Wichtig ist, dass wir beim Mähen nicht stehenbleiben dürfen. Sonst können ungleichmäßige Stellen entstehen.
Muss bei der Rasenschnitthöhe etwas beachtet werden?
Beim Schnitt ist es sehr wichtig, dass die Messer der Rasenmäher richtig schneiden. Darum kontrollieren wir vor und nach jedem Schnitt die Mäher. An Spieltagen schneiden wir den Rasen dann auf eine Länge von 24 oder 25 Millimeter.
Ich habe gehört, dass der Rasen mit Wasser aus dem Mittellandkanal gewässert wird. Stimmt das?
Das ist richtig. Wir schonen unsere Ressourcen und nehmen gerne das Wasser des Mittellandkanals. Zusätzlich hat dieses Wasser mehr Mikroorganismen, die sich positiv auf die Beschaffenheit des Rasens auswirken.
Welche Herausforderungen habt Ihr im Winter?
Wir haben im Winter besonders mit Frost zu kämpfen. Zwar haben wir Bodenheizungen, diese tauen den Frost allerdings nicht auf. Daher müssen wir vor Trainingseinheiten oder Spielen im Winter häufig mit Schleppnetzen die Rasenflächen abziehen, damit sie grün sind. Das beschädigt ihn zusätzlich. Die Bodenheizung wärmt den Boden nur so viel, dass er weich ist und darauf gut gespielt werden kann. Im Winter betreiben wir eigentlich nur Lebenserhaltungspflege – im Sommer die richtige Pflege.
Es kommt vor, dass der Zustand der Rasenfläche mitunter für eine Niederlage, seltener für einen Sieg verantwortlich gemacht wird. Das ist ja ein enormer Druck, der auf Euren Schultern lastet.
Es ist schon ein Druck, aber dafür spüren wir hier eine große Wertschätzung für unsere Arbeit. Unsere Spieler kommen nach Spielen oder Trainingseinheiten häufig zu uns und loben den Rasen – das macht uns stolz und bestätigt uns in unserer Arbeit.
Fußballspieler sind Rasenrowdys 😉. Durch die Stollenschuhe, das Rutschen über den Rasen oder das Grätschen leidet der Rasen sicherlich stark. Kannst Du ein Fußballspiel überhaupt noch genießen oder achtest Du mehr auf die Nutzung des Rasens?
Ich kann leider tatsächlich kein Spiel mehr schauen, ohne permanent auf den Rasen zu achten. Da ist es auch egal, ob wir oder zwei andere Mannschaften spielen.
Ich habe gelesen, dass es für Fußballrasen auch Auszeichnung wie „Pitch of the year“ gibt, die im Rahmen der Bewertung durch eine Fachjury der DFL-Expertenkommission Rasenqualität, die sich aus Mitgliedern der Deutschen Rasengesellschaft e. V. zusammensetzt, vergeben wird. Dabei werden auch Stichproben entnommen, um Narbendichte, Scherfestigkeit, Wasserdurchlässigkeit und Ebenheit zu bewerten. Auch Interviews mit den verantwortlichen Greenkeepern in Bezug auf besondere Herausforderungen und Krankheiten der Rasenfläche etc. werden geführt. Das ist beeindruckend.
Hat der VfL Rasen schon einmal eine Auszeichnung erhalten?
Ja, wir haben diese Auszeichnung schon mehrfach gewonnen – in den letzten Jahren waren wir häufig unter den ersten drei Vertretern. Wir arbeiten daran diesen Titel im Sommer wieder nach Wolfsburg zu holen.
Wer bewertet den Rasen vor einem Spiel? Und was ist, wenn der Rasen nicht den Ansprüchen genügt?
Das kann nicht passieren – unser Rasen ist immer im bestmöglichen Zustand. Nach dem Spiel bewerten die beiden Mannschaften und der Schiedsrichter mit einer Note die Qualität des Rasens. Diese Noten fließen dann übrigens in das Ranking der DFL ein.
Was macht den Rasen vom VfL für Dich besonders?
Der VfL bietet uns die Möglichkeit hier auf höchstem Niveau zu arbeiten. Dadurch können wir den Rasen immer bestmöglich präparieren.
Vielen Dank Philipp Greve, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Jasmin Guss
Beitragsbild: © VfL Wolfsburg
02/2024