Pastor Hartmut Keitel im Kolumbarium in Ehmen

Kolum­ba­rium in Ehmen

Modern trifft antik

Still liegt die hochmo­derne Kapelle auf einem kleinen Hügel neben der neogo­ti­schen St. Ludgeri-Kirche in der Sonne, während ich auf Hartmut Keitel warte. Zeit genug, mich umzuschauen. Ich umrunde das archi­tek­to­ni­sche Schatz­käst­lein, das seit 2015 Taufort und Begräb­nis­stätte zugleich ist.

In der hellen Stein­fas­sade sind gut sichtbar 128 Urnen­plätze einge­lassen. 160 weitere Ruhestätten befinden sich in der manns­hohen Ringmauer, erfahre ich vom ehema­ligen Pastor Keitel und dem techni­schen Betreuer Heinz Maiwald, der uns die schwere Glastür öffnet. Diese gibt den Blick frei in den 60 qm kleinen und 6 m hohen Andachts­raum, aber vor allem auf den kopfseitig angebrachten Marien­krö­nungs­altar. Ohne ihn wäre der Bau des „Outdoor-Kolum­ba­riums“, wie Keitel die Kapelle stolz nennt, nicht denkbar gewesen.

Ein kurzer Abriss der wechsel­vollen Geschichte

Der Altar entstand um 1450 und war Teil der Vorgän­ger­kirche der heutigen neogo­ti­schen St. Ludgeri-Kirche. Er fristete nach dem Abriss der alten Kirche um 1890/95 in einer Scheune sein unbeach­tetes Dasein, um dann 1908 für 500 Reichs­mark an das Welfen­mu­seum verkauft zu werden. Bei einem Ausflug im Jahr 2011 entstand die Idee, den Flügel­altar ins Dorf zurück­zu­holen und restau­rieren zu lassen.

Gesagt, getan: Landes­mu­seum und die Sponso­ren­fa­milie Hansmann ermög­lichten eine aufwen­dige Restau­rie­rung der acht Holzfi­guren vor vergol­detem Hinter­grund. Als Standort wurde der Hügel neben der Kirche auser­koren, der schon jahrhun­der­te­lang bis Mitte des 19. Jahrhun­derts als Friedhof genutzt wurde. Aber das ist eine ganz eigene Geschichte …

Die Schönheit eines Ortes, an dem wir unsere Toten begraben, ist der gute Gradmesser unserer Wertschät­zung des Lebens.“ Hartmut Keitel

Die besondere Wirkung dieser Kapelle ist zweifellos der Kontrast des antiken Altars zur modernen Archi­tektur. Auf kreuz­för­migem Grundriss ist ein Raum geschaffen worden, der seine Wirkung durch die räumliche Höhe sowie das sanfte Licht über ein rundes Oberlicht und kreuz­för­mige Fenster­schlitze erzielt. Überhaupt bestimmt das Motiv des Kreuzes die gesamte Gestal­tung. Alles durch­dacht, perfekt insze­niert, ein modernes Kleinod der Archi­tekten Pax-Brüning aus Hannover.

Im Innenraum bestimmt Beton das Ambiente. Die Leihgabe der Förderer Bernd und Katharina Hansmann wirkt dazu im Kontrast durchaus ergrei­fend: Ein Taufkleid der Familie aus dem Jahr 1853 schmückt als einziges Objekt eine innen­lie­gende Vitrine. Daneben verweist eine Inschrift auf die Spender.

Die Kapelle, übrigens der erste Neubau eines kirch­li­chen Kolum­ba­riums in Deutsch­land, dient als barrie­re­freier Andachts­raum und wird für kleinere Gottes­dienste, Trauer­feiern, aber auch für freudige Ereig­nisse wie Taufen und Hochzeiten genutzt. Die Gemeinde freut sich, wenn ihre Kapelle durch solche Anlässe wertge­schätzt wird.

Bärbel Mäckeler

*Kolum­ba­rium bedeutet ursprüng­lich Tauben­schlag, aber aufgrund des ähnlichen Aussehens wird das Wort auch für überein­an­der­lie­gende Urnen­kam­mern benutzt.

Beitrags­foto: Pastor Keitel: Die Ablage für Kirchen­bü­cher wurde mit einem Kreuz in dunklerem Holz extra angefertigt.
 
DEIN WOLFSBURG, Ausgabe 15, Sommer 2022
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