Bei den Familienführungen im Kunstmuseum Wolfsburg steht das positive Erleben im Vordergrund. Kinder und Eltern lernen dabei nicht nur etwas über die Exponate, sondern auch voneinander.
Nein, das Parkett ist keine Schlitterbahn! Die Maschinen von Jean Tinguely sind nicht zum Spielen da! Und bitte nicht auf Erwin Wurms Riesengurken klettern, auch wenn die dafür geradezu prädestiniert erscheinen! Wer Kinder hat, weiß: Der Ausstellungsbesuch mit dem Nachwuchs ist der Eintritt in eine riesige Konfliktzone – außer man tut es im Rahmen einer Familienführung im Kunstmuseum Wolfsburg.
Mit diesem Format wird der gemeinsame Kunstgenuss von Kindern und Eltern institutionalisiert: nicht als bloßes Anschauen und erzählt bekommen, sondern als Happening. „Das heißt: Da passiert etwas“, erklärt der Museumspädagoge Michael Zwingmann. Und der freie Künstler und Hochschuldozent ist sich sicher: Das zieht Kinder in den Bann der Kunst – und erlaubt den Eltern ebenso
unbeschwerten wie lehrreichen Genuss von Malerei, Plastik und Installation.
Das Happening hat zwei Dimensionen: „Zum einen setzen meine Kollegen*innen und ich auf schnelle Wechsel“, erklärt Zwingmann. Werden bei gewöhnlichen Führungen wenige Exponate sehr umfassend besprochen, bleiben die Familien nur zwei bis drei Minuten vor dem jeweiligen Objekt stehen. Und das wird nicht passiv wahrgenommen, sondern aktiv erlebt. „Mal suchen die Kinder bestimmte Details, mal tauchen sie in Farbwelten oder Formgebungen ein“, sagt der Museumspädagoge.
Das bedeutet natürlich nicht, dass kunsthistorische oder zeitgeschichtliche Kontexte unberücksichtigt bleiben: „Schließlich sollen ja auch die Eltern neue Erkenntnisse von der Familienführung mit nach Hause nehmen“, betont Zwingmann. Wichtig für diese Ausführungen ist eine verständliche Sprache: keine Fachbegriffe, keine Abstraktion.
Vor allem ist die Familienführung beispielhaft für die Kunstvermittlung des Kunstmuseum Wolfsburg: weg vom Monolog, hin zum Dialog – und zur Museumsführung als Moderationsaufgabe. Kinder und Eltern lernen gemeinsam etwas über die Kunst, aber auch voneinander. Dass die Kleinen die Sichtweisen der Großen erweitern, gilt dabei universell: „Auch wir Museumspädagogen nehmen nach einer Familienführung manches Kunstwerk plötzlich ganz anders wahr“, berichtet Zwingmann.
Alexander Kales
Die Familienführungen richten sich an Eltern mit Kindern ab sechs Jahren. https://www.kunstmuseum-wolfsburg.de/programm/familienfuehrungen/.