Harfenistin Jasmin-Isabel Kühne vor einer goldfarbenen Harfe

Harfen­musik zum Glücklichsein

Heimat­liebe – ein Leben für die Musik

Welches Kind weiß schon, was es ein Leben lang für ein Instru­ment spielen möchte?! Jasmin-Isabel Kühne wusste es von Anfang an. Die Harfe. Ganz klar. Schon als Mädchen von neun Jahren erhielt sie Harfen­un­ter­richt in der Wolfs­burger Musik­schule in der Porsche­straße. Sie erzählt mir bei Kaffee und Kuchen von ihrem Werdegang.

Gefühlt habe sie ihre ganze Jugend in der Musik­schule verbracht, wagte sich mit zwölf Jahren bereits bei Veran­stal­tungen der Stadt Wolfsburg mit Konzerten und Wettbe­werben in die Öffent­lich­keit – bis heute, betont sie. Und da fällt schon das erste Mal das Wort „Heimat­liebe“.

Nach einem Auftritt im Wolfs­burger Theater, da war sie gerade mal 16 Jahre alt, ging sie von der Bühne und wusste: „Ich werde Musik studieren.“ Sie verließ Wolfsburg, um als Jungstu­dentin in Detmold an der dortigen Hochschule Musik mit Schwer­punkt Harfe zu studieren. Hier zeigte sich bereits ihre (Hoch-)Begabung, denn das Junior­stu­dium gilt als ein Modul der Begab­ten­för­de­rung. Dort ließ sie sich sowohl im pädago­gi­schen Bereich ausbilden, um ihr Wissen später auch an Hochschulen weiter­zu­geben, als auch im künst­le­ri­schen Bereich, um danach als Solistin arbeiten zu können. 

Nicht nur, dass sie die – wie sie sagt – kleine und elitäre Hochschule mit Bravour bestand, sondern sie ging danach für ein Jahr nach Paris, um dort von einer der renom­mier­testen Harfe­nis­tinnen, Isabelle Perrin, Unter­richt zu bekommen. Sie erzählt lächelnd: „Ich hatte das Glück, dass sie mich auch mochte und meine Spiel­fä­hig­keiten anerkannt und unter­stützt hat.“ Jene berühmte Harfe­nistin fragte die noch junge Wolfs­bur­gerin, ob sie mit ihr nach Oslo gehen wolle. Sie wollte. Nun folgte ein zweijäh­riges Studium in Oslo, das die ehrgei­zige Musikerin mit dem Master abschloss.

Zwischen­durch düste sie immer wieder nach Wolfsburg bzw. Braun­schweig, wo sie einen Zeitver­trag als Soloh­ar­fe­nistin am Staats­theater Braun­schweig hatte. An den orches­ter­freien Wochen­enden ging es flugs zurück nach Oslo zum Studieren. Verrück­ter­weise hat Kühne parallel dazu noch ihren Konzert­ex­amens­ab­schluss gemacht – das hatte sie sich mit 15 Jahren vorge­nommen und konse­quent durch­ge­zogen. Und immer wieder war sie zwischen­durch in Wolfsburg und der Region präsent zu Konzerten und Unter­richts­zwe­cken – die Heimat­liebe blitzt im Gespräch immer wieder durch.

Zwischen klappernden Tassen und waberndem Gesprächstep­pich komme ich immer wieder ins Staunen ob der Höhepunkte, die diese zielstre­bige Musikerin mit 36 Jahren schon geschafft hat. Da wären zu nennen: mehrfache Bundes­preis­trä­gerin beim Wettbe­werb „Jugend musiziert“, Stipen­diatin diverser Stiftungen, so u. a. der Studi­en­stif­tung des deutschen Volkes, zudem Trägerin eines GWK-Förder­preises (2012) und des ersten Preises beim Lyon & Healy Award 2013 in Cardiff sowie des zweiten Preises beim inter­na­tio­nalen Harp Compe­ti­tion of Italy 2014. Des Weiteren konzer­tierte sie in verschie­denen Kammer­mu­sik­for­ma­tionen: als Solo-Harfe­nistin im Orchester des Staats­thea­ters Braun­schweig, des Theaters Magdeburg und des Staats­thea­ters Kassel und als Gast oder bei Tourneen in Radio-Orches­tern von NDR, HR, WDR, dem Oslo Philhar­monic Orchestra und Stavanger Sympho­nie­or­kestra. Hut ab, denke ich während des Inter­views immer wieder. Mein persön­li­cher Eindruck komplet­tiert sich durch diverse Rezen­sionen, denen ich entnehme: Kühne gehört zur Spitze der deutschen Klassikszene.

Ihre Neugierde und ihr Können schickt sie nicht nur durch Europa, sondern auch durch verschie­dene Genres. 2010 beglei­tete sie Peter Maffay bei seiner Tattoos-Tour in Deutsch­land. Also nicht nur die Klassik ist ihr Spielfeld, diesbe­züg­lich ist sie offen und neugierig. Neulich hat sie beispiels­weise auf Wunsch eines Konzert­ver­an­stal­ters den Song „Nothing else matters“ bearbeitet. Oder einen von Robbie Williams. Da geht sie explizit neue Wege, auch um ihr Herzens­in­stru­ment einem breiteren Publikum vorzu­stellen – und zu begeis­tern. Aber nicht um des Anders­seins willen, die Songs müssen schon zum Instru­ment und ihrer Klang­farbe sowie ‑vielfalt passen. Da ist die Musikerin mit dem zur Harfe passenden feenhaften Vornamen ehrlich und stringent genug, um nur authen­ti­sche Titel zu präsen­tieren. „Ich mache das nicht als Ego-Show“, betont sie.

Zu ihrer Umtrie­big­keit gehört auch, dass ihr das Angestell­ten­da­sein mit festen Zeiten und einem vorge­planten Reper­toire als Perspek­tive nicht genügte. Sie möchte ihre Programme selbst bestimmen und entscheiden, mit wem sie spiele, erklärt sie selbst­be­wusst. Deshalb kündigte sie 2019 bei der Magde­bur­gi­schen Philhar­monie und zog nach Düssel­dorf, wo musika­lisch „mehr los ist“ und sie sich solis­tisch weiter­ent­wi­ckeln kann. Damals hatte sie aber noch ihren Job an der Musik­schule Wolfsburg als Dozentin – und wieder steuert sie wöchent­lich für ihre Schüler ihre Heimat­stadt an, um am späten Abend mit dem ICE zurück nach Düssel­dorf zu reisen – Heimat­liebe eben.

Mit Heimat­liebe hat auch ihr Aufent­halt zu tun, das dieses Interview ermög­licht: Ihr neuestes Projekt ist ein Solopro­gramm 2024/25mit Liedern, die sich in der Harfen­li­te­ratur mit Burgen und Schlös­sern ausein­an­der­setzen. Dafür sei es ihr sehr wichtig, die Fotos dafür am Schloss Wolfsburg und von einem Wolfs­burger Fotografen machen zu lassen.

Derweil läuft noch ihr aktuelles Solopro­gramm Ha®ppy Hour Harfen­musik zum Glück­lich­sein, das in der Region und 2024 an der Ostsee Harfen­fans beglücken wird und „Neuhö­rende“ hoffent­lich für das Instru­ment begeis­tert. Damit verbindet sie auch die Motiva­tion, das Instru­ment „in die Soloper­spek­tive zu bringen“. Wer kennt schon eigen­stän­dige Harfen­musik? Meist ist das Instru­ment im Orchester versteckt und darf für kleine Soli ab und zu hervor­blitzen. Für den großen Soloauf­tritt mit Ha®ppy Hour startet Jasmin-Isabel Kühne gerade eine Crowd­fun­ding-Kampagne, um den Fans der Tour eine profes­sio­nelle CD mit nach Hause geben zu können. Der Link dazu lautet: https://www.startnext.com/cd-harppy-hour.

Am Ende unseres kurzwei­ligen Gesprächs will ich noch ein paar Zahlen wissen, zum Beispiel, was so eine Konzert­harfe wiegt. Jasmin-Isabel Kühnes Herzens­in­stru­ment bringt amtliche 38 Kilo auf die Waage. Für die zierliche Musikerin aber kein Problem, denn es gibt Hilfs­mittel wie Sackkarren extra für Harfen. Für die „Stimmung“ des Instru­ments braucht sie übrigens nur rund sechs Minuten. Da hätte ich mehr vermutet bei den 47 Saiten …

Last, but not least: Die Harfe­nistin tritt nun auch als Veran­stal­terin auf. Ihre Konzert­reihe heißt „Saiten­rausch“. Langfris­tiges Ziel: das Format an verschie­denen Orten in Deutsch­land zu etablieren, also allein und mit anderen Musizie­renden zusammen zu spielen. Ganz oben auf ihrer Liste steht aber, die Harfe als Instru­ment bekannter zu machen. Gern auch in Wolfsburg, man ahnt es schon: aus Heimatliebe.

B. Mäkeler

12/2023

Beitrags­bild: Harfe­nistin Jasmin-Isabel Kühne, Bild: Neda Navaee

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