Immer neu, immer anders: Hier zeigen junge Künstler, wie ein Schaufenster mit unterschiedlichen künstlerischen Formaten bespielt werden kann.(c) Hallenbad - Kultur am Schachtweg

Kunst­schau­fenster

Immer neu und immer anders

Es ist dunkel. Kalt. Und windig. Mein Mann sagt immer, „Es gibt kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung“, die habe ich offen­sicht­lich gerade an. Mein heutiges Ziel sehe ich schon von weitem in der Dunkel­heit leuchten. Das Kunst­schau­fenster im Kulturzentrum.

Im Laufe des Umbaus des ehema­ligen Wolfs­burger Hallen­bades 2006 in ein Kultur­zen­trum wurde eine große Fenster­front, direkt hinter der geplanten Bühne des neuen Veran­stal­tungs­saal, durch eine Rückwand verdeckt.

Der so entstan­dene Raum, der stark einem Schau­fenster ähnelte, stellte die damaligen Verant­wort­li­chen vor die Frage, wie diese Fläche sinnvoll genutzt werden kann?

Karin Kamolz, Kuratorin im Hallenbad, erzählte mir vor ein paar Tagen am Telefon, dass mehrere Möglich­keiten erörtert wurden und man sich schließ­lich entschied, das Schau­fenster mit Kunst zu bespielen, ein Format, das in dem breit­ge­fä­cherten Angebot des Hallen­bades noch fehlte.

Seit 2007 finden in dreimo­na­tigen Rhythmus im Kunst­schau­fenster Ausstel­lungen statt. Koope­ra­ti­ons­partner ist die Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.

Es werden Arbeiten von Studie­renden der HBK gezeigt, die sich mit dem ungewöhn­li­chen Raum ausein­an­der­setzen. In den Bereichen Instal­la­tion, Malerei, Klang­kunst, Fotografie und Perfor­mance können die Künst­le­rinnen und Künstler verschie­denste Lösungen erarbeiten und umsetzen. Dabei ist die Bandbreite der gezeigten Arbeiten besonders spannend, erzählt mir die Kuratorin. Sie ist oft selber überrascht, was in diesem Raum alles möglich gemacht wird.

Für Kunststudent*innen ist es eine wichtige Erfahrung, den Entste­hungs­pro­zess einer Ausstel­lung von der Idee über die Umsetzung bis zur Eröffnung in seiner ganzen Komple­xität zu erleben.

Die heutigen Anfor­de­rungen des Kunst­marktes erfordern eine hohe Profes­sio­na­lität der Künstler*innen, auch im Bereich der Ausstel­lungs­rea­li­sa­tion in Galerien und Museen. Durch das Projekt können die Studie­renden am prakti­schen Beispiel, und außerhalb der Hochschule, lernen, den gesamten Prozess einer Ausstel­lung profes­sio­nell abzuwi­ckeln, ihre Kunst im öffent­li­chen Raum zu präsen­tieren und damit ihre Arbeiten zur Diskus­sion zu stellen und die Reaktionen der Betrachter*innen reflektieren.

Aber auch für die Kunst­in­ter­es­sierten ist es eine „neue“ und kosten­freie Art Kunst zu erleben. Anders, als bei anderen Kunst­aus­stel­lungen, haben die Passanten*innen die Möglich­keit, die Künst­le­rinnen und Künstler beim Entste­hungs­pro­zess und der Gestal­tung des Werks zu begleiten.

Kunst wird somit in den öffent­li­chen Raum trans­por­tiert und soll überra­schen, anregen und inspirieren.

Karin Kamolz

Linda Schwanz, Studie­rende in der Fachklasse für Bildhauerei, und Julian Colin tragen weiße Gerüste in das Schau­fenster. Dabei wird schnell deutlich, dass jeder Handgriff in diesem engen Raum sitzen und vorher gut überlegt sein muss. Jetzt bringt die junge Künst­lerin dunkle Stoff­röhren an, die aus Hosen­beinen herge­stellt wurden. Und ich frage mich, wie das Kunstwerk „137,-“ aussehen wird, wenn es fertig ist.

137,-“ zeigt eine Instal­la­tion, die unser Verhältnis zu Konsum und Nachhal­tig­keit reflektiert. 

Linda Schwanz

Auf meine Nachfrage erfahre ich, dass der Titel der Arbeit „137,-“ sich zum einen auf den Materi­al­wert der Anzug­hosen bezieht und infrage stellt, ob Preis und Wert zwangs­weise mitein­ander verknüpft sind. Die Zahl 137 aber noch weitere  Bedeu­tungen hat, wie zum Beispiel als sogenannte „Kosmische Zahl“ in der Physik und Mathematik.

Natürlich stellt jede Ausstel­lung immer wieder eine gewisse Heraus­for­de­rung dar, es ist immer neu, immer anders. Schon der Aufbau einer Ausstel­lung läuft nie gleich ab: Je nach Format ist er einfach oder kompli­ziert, geht schnell oder dauert lange.

Malereien, die direkt auf die Hinter­wand gemalt werden, benötigten teilweise mehrere Wochen, bis zur Fertigstellung.

Es ist auch schon passiert, dass sich eine Künst­lerin bei den Maßen der Tür verrechnet hat und ihre großen Leinwände nicht hindurch­passten. Kurzent­schlossen hat sie die Leinwände abgespannt, die Keilrahmen ausein­ander gebaut und in dem 80 cm tiefen Raum wieder zusam­men­ge­setzt, erzählt mir Karin.

Oft werden beim Aufbau Nacht­schichten eingelegt, weil der Ort gerade in der Dunkel­heit seine besondere Wirkung entfaltet und deshalb auch die richtige Ausleuch­tung des Kunst­werkes wichtig ist.

Karin Kamolz erzählt, dass bisher 48 Ausstel­lungen gezeigt wurden und die beiden Ziele des Projekts, zum einen die Förderung junger Künstler, zum anderen der Brücken­schlag zwischen den Städten Wolfsburg und Braun­schweig, damit seit Jahren erfolg­reich umgesetzt wird.

Besonders freuet sie sich im Herbst diesen Jahres mit der 50. Ausstel­lung ein Jubiläum zu feiern. Zu diesem Anlass ist eine besondere Ausstel­lung im großen Schwim­mer­be­cken geplant.

Die Instal­la­tion von Linda Schwarz ist vom 03.02. bis 03.04. zu bewundern.

Karin Kamolz, die Kuratorin der Ausstel­lungen, steht Ihnen gerne für weitere Auskünfte zur Verfügung.

E‑Mail: kamolz@hallenbad.de

Weitere Infor­ma­tionen zum Kunst­schau­fenster findet ihr unter: 

Web: hallenbad.de/kulturzentrum/kunstschaufenster

Hallenbad – Kultur am Schachtweg
Schachtweg 31
38440 Wolfsburg

02/2023

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