Ein Projekt mit Wolfsburger Jugendlichen zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
Mit ihrem Credo „Grabe, wo du stehst!“ entstand in den 1970er Jahren eine Bewegung von Geschichts- und Bürgerinitiativen, die sich bewusst als Ergänzung, Erweiterung, wenn nicht gar Kontrast zur institutionalisierten Geschichtsschreibung an den Universitäten verstand. Als eine „Geschichte von unten“ wurden in Jugendzentren, Volkshochschulen und Kulturläden neue Formen der Geschichtsaneignung praktiziert. Auch die Wolfsburger Geschichtswerkstatt des Instituts für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation geht auf solch ein bürgerliches Engagement zurück und ist im Zuge der lokalgeschichtlichen Auseinandersetzung mit der eigenen NS-Geschichte entstanden.
Die ersten Impulse dieses Auseinandersetzungsprozesses gingen in Wolfsburg von Schülerinnen und Schülern des Ratsgymnasiums aus. Bereits im März 1960 veröffentlichten sie in der Schülerzeitung diagonale Texte, die sich mit den Verbrechen der Nationalsozialisten auseinandersetzten.
Zu Erinnern ist hierbei auch an die Auschwitz-Fahrten des Wolfsburger Pastors Rudolf Dohrmann, der bereits vor der systematischen Zusammenarbeit mit der Aktion Sühnezeichen, die Gedenkstätte mit Jugendlichen besuchte. Im Juni 1968 machten sich die Mitglieder des Unabhängigen Schülerbundes, der Gewerkschaftsjugend, der Kampagne für Demokratie und Abrüstung und der Sozialistischen deutsche Arbeiterjugend auf den Weg zum sogenannten „Ausländerfriedhof“, um die Gräber von Unkraut und Schmutz zu befreien.
In dieser Traditionslinie befinden sich 17 Wolfsburger Schüler*innen des Albert-Schweitzer-Gymnasiums, des Phoenix-Gymnasiums und der Heinrich-Nordhoff-Gesamtschule, die die Gedenkveranstaltung zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2023 planen und durchführen werden. Begleitet wird dieses Projekt vom Geschäftsbereich Jugend, dem Kinder- und Jugendbüro der Stadt Wolfsburg und der Geschichtswerkstatt des IZS. Neben der thematischen Auseinandersetzung und dem Schreiben von Reden für die Abendveranstaltung werden die Schülerinnen und Schüler auch im Vorfeld die sozialen Medien (Instagram, TikTok) nutzen, um Geschichte aus ihrer Sicht zu vermitteln. Im Anschluss an das Projekt werden noch Reflexionsgespräche mit Jugendlichen geführt, die dann als Podcast veröffentlicht werden.
Aleksandar Nedelkovski
Reflektionsgespräche im Anschluss an das Projekt werden als Podcast veröffentlicht unter:
geschichtswerkstattizs.wordpress.com
Titelfoto: © Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation
Ausgabe 16, DEIN WOLFSBURG, Herbst/Winter 2022