Sebastian Furchner im Interview zur Deutschen Eishockey Liga
Es gibt Spieler, die ein Spiel bestimmen, und es gibt solche, die eine ganze Ära prägen. Sebastian Furchner gehört mit mehr als 1.100 Partien in der Deutschen Eishockey Liga und nun als Teammanager der Grizzlys Wolfsburg zweifelsohne zur zweiten Kategorie. Im Interview spricht der 41-Jährige über die positive Entwicklung des Eishockeysports in unserer Stadt und einen großen Traum – und er denkt an eine ganz besondere Autogrammstunde zurück.
Herr Furchner, erinnern Sie sich an Ihren ersten Einsatz in der DEL? Fühlten Sie sich damals wie ein kleiner Junge oder wie ein gestandener Mann?
Ich war eher der kleine Junge. Ich war gerade von Bremerhaven nach Köln gewechselt. Um es mit dem Fußball zu vergleichen: Das ist, als würde man von Darmstadt zum FC Bayern gehen. Für mich war das ein Riesensprung. Damals, mit 20 Jahren, war ich ziemlich unbekümmert. Ich dachte, ich hätte es geschafft – dabei war es in Wahrheit erst der Anfang von allem.
Die DEL hat gerade ihre 30. Saison eingeläutet. Sie haben das Geschehen, erst auf dem Eis und jetzt daneben, intensiv verfolgt. Wie hat sich Eishockey über die Jahre hinweg gewandelt?
Eishockey ist viel schneller, dynamischer und athletischer geworden. Es gab Zeiten, in denen es in Spielen lediglich darum ging, wie deutlich man gewinnt – heute ist unser Sport viel ausgeglichener. Außerdem hat Eishockey in Deutschland, nicht zuletzt durch den Erfolg unserer Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen und der Weltmeisterschaft, einen höheren Stellenwert erlangt.
Wie erleben Sie diese Aufwertung in Wolfsburg?
Anfangs war es nicht einfach. Ich erinnere mich an eine Autogrammstunde in der Wolfsburger City-Galerie. Eine Frau nahm sich ein Autogramm, fragte dann, was wir tun und als ich antwortete, dass wir Eishockey spielen, legte sie das Autogramm zurück und ging. Heutzutage sind die Grizzlys ein fester Bestandteil der Stadt, viele Wolfsburger identifizieren sich mit uns. Es ist ein tolles Gefühl, diese Entwicklung mitgestaltet zu haben.
Was hat die tiefe Verbindung zwischen den Grizzlys und Wolfsburg ermöglicht?
Wir haben viele Sympathien gesammelt, auch deswegen, weil wir sportlich erfolgreich sind. In den vergangenen 15 DEL-Jahren haben wir nur einmal die Play-offs verpasst, standen etliche Male im Halbfinale und viermal im Finale. Im Grunde spielen wir immer um den Titel mit.
Spüren Sie diesen Respekt, wenn Sie neue Spieler überzeugen möchten, nach Wolfsburg zu kommen?
Es ist heute viel leichter als vor zehn Jahren. Die Grizzlys haben sich in der DEL einen Namen gemacht – nicht nur sportlich, sondern auch vom Umfeld her mit der Infrastruktur und natürlich dem familiären Zusammenhalt, der uns auszeichnet. Auch meine Familie und ich haben uns in der Stadt immer wohlgefühlt. Nur so können wir Top-Spieler halten und nach Wolfsburg locken.
Juckt es Sie, den Titel irgendwann einmal nach Wolfsburg zu holen?
Das ist unser großer Traum. Wir haben die Rahmenbedingungen geschaffen, die diesen Erfolg möglich machen können. Aber dafür gehören viele Puzzleteile zusammen. Wir müssen unser Leistungshoch haben, wenn es darauf ankommt, und verletzungsfrei bleiben. Ich versuche, meinen Teil abseits vom Eis zu leisten.
Welche Erfahrungen als Spieler helfen Ihnen heute in Ihrer Rolle als Teammanager?
Eigentlich alle. Auch wenn jeder Spieler ein bisschen anders tickt – ich kann mich in sie hineinversetzen und nachfühlen, was ihnen guttut. Ich möchte dafür sorgen, dass sich jeder voll aufs Eishockey konzentrieren kann.
Wie oft haben Sie nach dem Ende Ihrer aktiven Karriere die Schlittschuhe angezogen?
Nur ein einziges Mal für zehn Minuten. Aber ich habe mir vorgenommen, mit meinen Kumpels mal wieder zu spielen.
11/2023
Stefan Boysen