Im Interview mit Eckberth von Witzleben
Vor 50 Jahren löste der Käfer von Volkswagen das Modell T von Ford als meistgebautes Auto der Welt ab. Über den Weltrekordhalter von einst (mittlerweile ist der Golf das Maß aller Dinge) weiß doch wirklich jeder alles, oder? Auf Eckberth von Witzleben trifft das zu. Der Historiker im AutoMuseum Volkswagen, der viele Jahre ein Käfer Cabriolet sein Eigen nannte, kennt die Geschichte des Fahrzeugs aus dem Effeff und erzählt sie so gut, als sei er selbst dabei gewesen. Wir haben ihn gefragt: Was wollen die Besucher aus nah und fern von ihm wissen, wenn er sie durch seine Ausstellung zur Ikone des Automobilbaus führt? Hier sind die fünf häufigsten Fragen – und seine Antworten.
Wer hat den Käfer entwickelt?
Der epochemachende Einfallsreichtum von Ferdinand Porsche ist eng mit seinem schillernden Lebenslauf verknüpft. Zur Inspiration für seine Innovationen wurden die Reisen in die USA, wo er sich die Fließbandproduktion des Modell T genau anschaute. „Er wollte die Tin Lizzie nicht abkupfern, sondern einen eigenen preiswerten Volkswagen bauen“, beschreibt Eckberth von Witzleben den gedanklichen Antrieb von Porsche. Nicht mit Ecken und Kanten wie der Ford sollte sein Fahrzeug aussehen, sondern „avantgardistisch mit einem vollkommen neuen Design“. So wurde die berühmte Stromlinienkarosserie des Käfer geboren.
Aus welchem Material ist der Käfer gebaut?
Gut, dass Eckberth von Witzleben an dieser Stelle mit einem Gerücht aufräumen kann. „Der Käfer ist aus hochfestem Stahl“, betont er. Manch einer vermutet, dass die sogenannten Stößelstangen im Motor aus Holz gefertigt wurden – doch das stimmt nicht. 1945 lief die Produktion des Käfer an. Um Gewicht zu sparen, ist sein Kurbelgehäuse aus Leichtmetall gegossen. Ein Wesensmerkmal, das Materialforscher heute noch ins Schwärmen bringt.
Ist der Käfer günstig oder teuer im Unterhalt?
In den sechziger Jahren war Motortuning Volkssport. Um mehr Leistung aus dem Heck des Käfer herauszuholen, ließen sich seine Fahrer einiges einfallen. Diese Kreativität führte dazu, dass der Spritkonsum rasant in die Höhe schnellte. „War der Motor frisiert, konnte er bis zu 13 Liter verbrauchen“, erzählt Eckberth von Witzleben, der seit 30 Jahren im AutoMuseum tätig ist. Lässt man dagegen von der Motorhaube die Finger und alles beim Alten, dann ist der Käfer ein ziemlich genügsamer Zeitgenosse. „Der richtig eingestellte 1,6‑Liter-Motor mit 50 PS benötigt auf 100 Kilometer 6,5 bis 7,5 Liter.“
Wieso gibt es so viele Sondermodelle vom Käfer?
Für viele war er während der Kindheit treuer Wegbegleiter: der cremeweiße Käfer Herbie. Auf der Fronthaube mit der Startnummer 53 versehen und im Inneren mit einer charakterstarken Persönlichkeit gesegnet, spielte er sich in die Herzen der jungen Fernsehzuschauer. „Nicht zuletzt wegen Herbie gibt es so viele besondere Modelle vom Käfer“, sagt Eckberth von Witzleben, den es wie viele andere auch wegen der turbulenten Abenteuer des ungewöhnlichen Autos ins Kino zog. Allein in seinem ersten Film gab es Herbie in rund 80 verschiedenen Ausführungen. Selbstverständlich gehört der gute Jugendkumpel zu den Protagonisten der Sonderausstellung Alltagshelden, die bis 28. Februar 2023 im AutoMuseum zu sehen ist.
Warum ist der Käfer immer noch so beliebt?
„Der Käfer ist halt ein absoluter Sympathieträger“, antwortet Eckberth von Witzleben. „Außerdem brachte er die Mobilität in Deutschland in Gang – das hat die Menschen geprägt.“ Zumal der Käfer weiterhin allgegenwärtig ist. Zwar lief er im Jahr 2003 zum allerletzten Mal in Mexiko vom Band. „Doch auf deutschen Straßen sollen noch 30.000 Käfer unterwegs sein.“ Und er läuft und läuft und läuft …
Stefan Boysen
Beitragsbild: © AutoMuseum Volkswagen
Ausgabe 16, DEIN WOLFSBURG, Herbst/Winter 2022