Naturgarten

Natur­garten, die grüne Klimaanlage

Ein heißes Thema

Bald ertönt es wieder, das Summen und Brummen, das Zwitschern und Quaken. Noch ist es ruhig im Garten von Michael Kühn, nur ein paar Kohlmeisen singen ihr Lied. Stimm­ge­wal­tiger wird das Konzert, wenn sich Teich­molch, Erdkröte und Grasfrosch hinzu­ge­sellen. Nun im Frühling werden sie lautstark die Laichzeit einläuten und sich dafür im kleinen Garten­teich zwischen den dichten Schilf­halmen verste­cken. Und wenn erst Bienen, Hummeln & Co vorstellig werden …

Fast das ganze Jahr herrscht reges Treiben in Michael Kühns natur­nahen Garten, wo sich die Tierwelt augen- und ohren­schein­lich ziemlich wohlfühlt. Sie hat alles, was sie braucht: die Wasser­stelle zum Trinken und Baden; dazu Pflanzen, die Nahrung spenden; und Nist- und Schlaf­plätze wie Bäume, Laub- und Reisighaufen.

In Wolfsburg Neuhaus hat Michael Kühn seinen Garten so gestaltet, dass die Umwelt großen Nutzen daraus zieht – und nicht nur die. „Wir reden immer darüber, dass wir etwas für die Umwelt tun würden“, sagt der Vorsit­zende des Natur­schutz­bunds (Nabu) Wolfsburg e.V. „Dabei vergessen wir, dass wir das in unserem Interesse machen, denn wir sind Teil der Umwelt. Natur­schutz ist auch Menschenschutz.“

Mehr extreme Wetter­ereig­nisse, höhere globale Durch­schnitts­tem­pe­ratur – der Klima­wandel ist deutlich spürbar. Breitet sich eine Hitze­welle aus, ist es in der Stadt brütend heiß; Asphalt, Wände und Dächer heizen sich auf. Im Grünen dagegen ist es deutlich angenehmer. „Wer im vergan­genen heißen Sommer zuerst in der Porsche­straße war und danach im Stadtwald, der hat gespürt: Es gibt erheb­liche Temperaturunterschiede.“

Auch unsere Gärten sind „grüne Klima­an­lagen“, wie Michael Kühn sie bezeichnet. Sie erfri­schen nicht nur, sondern sind auch Lebens­raum für Pflanzen und Tiere. Ganz im Gegensatz zum Schot­ter­garten, der in Wolfs­burger Stadt­teilen Einzug gehalten hat, die Graufläche größer werden lässt und der Natur die Luft zum Atmen nimmt.

Das Oberver­wal­tungs­ge­richt Lüneburg hat entschieden, dass Baube­hörden die Schot­ter­gärten verbieten und sogar deren Rückbau verlangen dürfen. Aus Sicht von Michael Kühn ist dieses Urteil nur folge­richtig. „Der Gesetz­geber muss alles dafür tun, um die Menschen zu schützen und das Klima erträg­lich zu machen.“

Zumal auch die Tiere leiden. Laut der sogenannten Krefelder Studie ist die Insek­ten­zahl beträcht­lich zurück­ge­gangen: Zwischen 1989 und 2016 nahm die Gesamt­masse in den beobach­teten Gebieten um mehr als 75 Prozent ab. Im Garten von Michael Kühn sieht man die Folgen. „Vor 20 Jahren waren noch alle Nistkästen besetzt. Seitdem gehen die Brutpaare zurück – die Vögel finden immer weniger zu fressen.“

Das Gebot der Stunde lautet: nicht den Boden mit Schotter versie­geln, sondern Bäume, Sträucher und Stauden pflanzen. Jeder könne dazu beitragen, vor seiner Haus, Terrassen- und  Balkontür die Klima­bi­lanz aufzu­bes­sern und das Nahrungs­an­gebot zu erweitern, betont der Nabu-Vorsit­zende. „Jeder grüne Garten und auch jede Pflanze auf dem Balkon ist wichtig.“

Vom Nabu über die Stadt Wolfsburg bis zur Wolfs­burger Agenda 21 gibt es viele, die gute Tipps und Infor­ma­tionen zur Anlage schöner, natur­naher Gärten und bunter, ökolo­gisch wertvoller Balkone bereit­stellen. „Geben Sie der Natur in Ihrem Garten eine Chance“, lautet der Titel der Nabu-Veröffentlichung.

Michael Kühn sagt: „Darin steht, welche heimi­schen Sträucher und Bäume für Futter sorgen und welche Tiere von den Pflanzen profi­tieren. Dieser kleine Ratgeber eignet sich hervor­ra­gend, um damit in die nächste Gärtnerei zu gehen und die richtigen Pflanzen für das Zuhause auszusuchen.“

Wer wissen möchte, was Rotkehl­chen, Igel & Co zum Überleben brauchen und wie jeder von uns seinen Beitrag leisten kann: Zum Download gibt es den Garten­rat­geber hier.

Wichtiger Pflan­zen­tipp

In den Baumärkten werden sehr häufig nicht die Wildformen unserer heimi­schen Pflan­zen­arten angeboten, sondern Züchtungen unter dem gleichen deutschen Namen. Diese Züchtungen bestechen in der Regel mit einer wunder­schönen Blüten­pracht, welche aber für die heimische Insek­ten­welt völlig nutzlos ist, da bei diesen Pflanzen bzw. Blüten durch die “Verede­lung” häufig kaum bis gar keinen Nektar mehr vorhanden ist. Zudem sind die Züchtungen meist teurer. Daher bitte am besten mit dem latei­ni­schen Namen der Pflanzen in die nächste Gärtnerei oder Baumschule gehen, um die Wildform zu erwerben.

Zudem sollten die Pflanze “ungefüllte” Blüten haben, nur so können die Insekten auch die Stempel erreichen. 

Kühns Buchtipp

“Natur für jeden Garten” ist ein Bestseller unter den Natur­gar­ten­bü­chern und für den eigenen Garten sehr empfeh­lens­wert! Unter:  www.reinhard-witt.de ist es in seinem Buchshop zu bestellen.

    Auch für den Balkon hat der Nabu-Vorsit­zende einen Tipp:

    Im Balkon­kasten kann man sehr gut Kräuter wie Salbei, Rosmarin, Oregano oder Borretsch blühen lassen. Insekten lieben die Blüten und in der Küche finden die Kräuter auch Verwen­dung. Statt der für Insekten wertlosen Geranien sollten Balkon­be­sitzer lieber Astern, Lavendel, Scabiosen oder Malven blühen lassen.”

    03/2023 Stefan Boysen

    Beitrags­bild: Wolfs­burger Natur­garten, Foto: Natur­garten Foto: Christian Schreiter
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